Zehnt – der Steuerblog

Bleiben Sie informiert über aktuelle Entwicklungen in steuer- und steuerstrafrechtlicher Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur.

 

Zehn häufige Fragen zur Soforthilfe von Bund und im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie

Im Zuge der Vorbereitung und Einreichung von Anträgen auf Gewährung der Zuschüsse von Bund und Ländern im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie erreichen uns derzeit eine Vielzahl von Fragen.

Nachstehend geben wir Antworten auf zehn häufige Fragestellungen:

1. Der Soforthilfezuschuss ist nicht von der Einkommen-/Körperschaftseuer befreit, was faktisch eine Schlechterstellung gegenüber den Finanzhilfen gegenüber Arbeitnehmern (Kurzarbeitergeld/Verdienstausfallentschädigung) darstellt, für die Bezüge aus Kurzarbeitergeld/Verdienstausfallentschädigung einkommen- und lohnsteuerfrei gestellt sind (beachte aber: Progressionsvorbehalt!).

2. Aufgrund der neuen Regelung im Infektionsschutzgesetz können Arbeitgeber und Selbstständige unter bestimmten Bedingungen eine Entschädigung für die Fortzahlung von Arbeitslohn an Arbeitnehmer*innen mit Kinder bis 12 Lebensjahr geltend machen (in NRW zuständig für die Anträge: die Landschaftsverbände). Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitgeber in Vorleistung gehen, also ihren Arbeitnehmer*innen das Entgelt fortzahlen, auch wenn diese nicht arbeiten. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:

  • Die Schule oder Kindertagesstätte, die das Kind des/der Mitarbeitenden oder des/der selbstständig Tätigen besucht, muss aufgrund behördlicher Anordnung zur Verhinderung der Verbreitung einer Infektionskrankheit geschlossen worden sein und
  • das Kind darf das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (d.h. dass das Kind höchstens 11 Jahre alt ist) oder das Kind ist behindert und auf Hilfe angewiesen und
  • das Kind muss in der Zeit der Schließung von dem/der Arbeitnehmer*in bzw. dem/der selbstständig Tätigen selbst zu Hause betreut werden, weil
  • eine anderweitige zumutbare Betreuung nicht sichergestellt werden konnte.

3. Ein zur Soforthilfe berechtigender Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen.

4. Die Soforthilfe soll schnell und „unbürokratisch“, dh. ohne aufwändige Nachweisprüfung erfolgen. Für die Gewährung der Soforthilfe wird nicht geprüft, ob ausreichend private Mittel oder Kreditlinie für die Überbrückung eines Liquiditätsengpasses vorliegen. Für die Gewährung wird ferner nicht geprüft, ob zuvor alle anderen möglichen Erleichterungen vorrangig in Anspruch genommen wurden (zB. Stundungsmöglichkeiten, KfW-Kredite).

5. Nach den überarbeiteten Informationen des Bayrischen Wirtschaftsministeriums müssen private liquide Mittel nicht (mehr) zur Deckung des Liquiditätsengpasses eingesetzt werden (vgl. www.stmwi.bayern.de/soforthilfe-corona/). Es lässt sich indes nicht ausschließen, dass bei für die Überbrückung eines betrieblichen Liquiditätsengpasses und der Bestreitung des allgemeinen Lebensbedarfs ausreichenden privaten (bar-)Mitteln das Bedürftigkeitserfordernis der „unmittelbaren und nicht unerheblichen Betroffenheit“ im Fall einer Überprüfung in Frage gestellt wird.

6. Bei Kapitalgesellschaften und (gewerblichen) Personengesellschaften müssen zunächst die liquiden Mittel des Betriebsvermögens der Gesellschaft eingesetzt werden. Das Privatvermögen bleibt auf Grund der Trennung von Privat- und Betriebsvermögen bei diesen Gesellschaften grundsätzlich unberücksichtigt.

Eine freie Kreditlinie (Girokonto) auf dem betrieblichen Konto muss wohl – so derzeitiger Stand - nicht ausgeschöpft werden, um zuschussberechtigt zu sein. Wenn die Einnahmen vor der Krise zur Deckung der laufenden Betriebskosten ausreichten, wird die Soforthilfe als Betriebskostenzuschuss zur Überbrückung des Einnahmeverlustes auch ohne Belastung der Kontokorrentlinie gewährt. Auch müssen wohl – so derzeitiger Stand - nicht vorrangig KfW-Kredite ausgenutzt werden, um antragsberechtigt zu sein. Ebenso nicht erforderlich sein dürfte, vorrangig Zins- und Tilgungsstundungen bei bestehenden Darlehen auszunutzen.

7. Unklar ist die Situation bislang bei Kleinunternehmern oder Selbständigen bzw. Künstlern, die aufgrund wegbrechender Einnahmen mit Blick auf die fortlaufenden privaten Lebenshaltungskosten in eine akute wirtschaftliche Krise geraten, allerdings derzeit auch keinerlei relevanten betrieblichen Ausgaben haben, für deren Tilgung der Soforthilfezuschuss ursprünglich eigentlich gedacht ist. Nach bisheriger Ansicht des Bundes sollen Kosten des privaten Lebensunterhalts wie die Miete der Privatwohnung oder Krankenversicherungsbeiträge nicht durch die Soforthilfe abgedeckt werden. Auch dürfte ein Einzelunternehmer, der nur über ein einzelnes Girokonto sowohl für private als auch betriebliche Zwecke verfügt. Nach den ursprünglichen Vorgaben der Programme ein dort vorhandenes Guthaben vorrangig einsetzen, um seine Verbindlichkeiten zu tilgen, bevor er als zuschussberechtigt angesehen wird. Hierbei sollten aber, so idR die Programmvorgaben, Gegenstände langfristige Altersversorgung (Aktien, Immobilien, Lebensversicherungen, etc.) oder Mittel, die für den Lebensunterhalt benötigt werden, nicht einzusetzen sein.

8. Damit auch die Existenz von kleinen Unternehmen, Freiberuflern und Soloselbständigen, deren Liquiditätsengpass aus den fortlaufenden privaten Lebenshaltungskosten herrühren, nicht bedroht ist, wird der Zugang zu Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II), insbesondere dem Arbeitslosengeld II, vereinfacht („Grundsicherung“). Unter anderem greift hier für sechs Monate keine bzw. eine wesentlich vereinfachte Vermögensprüfung. Zudem werden Aufwendungen für Unterkunft (Miete) und Heizung für die Dauer von sechs Monaten ab Antragstellung in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen.

9. Freischaffende, professionelle Künstlerinnen und Künstler, die durch die Absage von Engagements in finanzielle Engpässe geraten, können je nach Landesrecht anstelle des allgemeinen Soforthilfezuschusses einen eigenständigen Zuschuss beantragen, so zB in NRW eine existenzsichernde Einmalzahlung in Höhe von bis zu € 2.000.– (Antrag bis zum 31.5.2020, Antragsformular; weitergehende Hinweise: www.mkw.nrw/Informationen_Corona-Virus). Bei Bundesländern, die bislang keine gesonderte Zuschussregelung für Künstler haben, scheint es eine Schwachstelle in der Formulierung der Zuschussvoraussetzungen zu geben, da bei dieser Berufsgruppe auch in der größten Krisen kaum ein Überhang von Betriebsausgaben über die Betriebseinnahmen dargestellt werden kann: Sowohl Betriebseinnahmen wie auch Betriebsausgaben fallen einfach vollständig weg. Andererseits haben die Landesregierungen vielfach öffentlich geäußert, dass auch Künstler in Existenznot Zuschüsse erhalten sollen.

Auch scheinen einige Länder zwischenzeitlich für solche Antragsteller, die allein wegen der fortlaufenden privaten Lebenshaltungskosten in existentielle Notlage geraten, den Zuschuss gleichwohl zu bewilligen (vgl. etwa für Bayern: www.regierung.oberbayern.bayern.de/service/themen_gesundheit_verbraucherschutz/faqs-soforthilfe-corona/index.html).

Beraterhinweis: Die Antragsteller, auf die diese Konstellation zutrifft, sollten zwingend im Antragsformular erläutern, dass ihre wirtschaftliche Existenz konkret durch das Nichtbestreitenkönnen ihrer privaten Lebenshaltungskosten bedroht ist. Die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse sollten dabei vollständig angegeben und insbesondere genau bezeichnet werden, welche der im Antrag angegebenen Ausgaben der privaten Lebensführung zugeordnet werden müssen. Andernfalls droht der strafrechtliche Vorwurf des Leistungsbetrugs und der falschen Abgabe einer Versicherung an Eides statt sowie die spätere Rückforderung.

10. Nebenerwerbsbetriebe werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Ausnahme: Die Liquidität des Haupterwerbs ist nahe Null.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn