Zehnt – der Steuerblog

Bleiben Sie informiert über aktuelle Entwicklungen in steuer- und steuerstrafrechtlicher Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur.

 

Der BFH erweitert das deutsche Besteuerungsrecht nach dem DBA Italien auf betragsfinanzierte Renten aus öffentlichen Kassen

Kläger in der kürzlich veröffentlichten Entscheidung des BFH v. 17.8.2022 (I R 17/19) ist ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Italien. Er bezog eine Leibrente iSd. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Der Kläger war nicht im öffentlichen Dienst tätig. Das Finanzamt veranlagte ihn mit der aus Deutschland bezogenen Rente als beschränkt Steuerpflichtigen. 

Nach Auffassung des BFH erfolgte die Besteuerung zu Recht. Es lägen inländische Einkünfte  iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Leibrente aus einer inländischen gesetzlichen Rentenversicherung) vor. Zentrale Frage des Verfahrens war, ob dem deutschen Besteuerungsrecht das DBA Italien entgegensteht. Dies lehnte der BFH in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Nach Art. 19 Abs. 4 DBA Italien können Ruhegehälter und Bezüge, die aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaates von diesem Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer ihrer juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden, wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein. Die bisherige Rechtsprechung des BFH – in einem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes – deutete darauf, dass Renten, die aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht werden, keine „Bezüge“ iSd. Artikels darstellen. Die Zahlungen müssten auch wirtschaftlich von dem Staat bzw. den bezeichneten juristischen Personen des öffentlichen Rechts herrühren (BFH v. 25.07.2011 - I B 37/11 (BFH/NV 2011, 1879)). Daran hält der Senat nicht länger fest. Erfasst werden auch beitragsfinanzierte Renten, die auf der Grundlage einer Regelung im deutschen Sozialversicherungsrecht aus öffentlichen Kassen an einen deutschen Staatsbürger gezahlt werden.

Der neue Ansatz des BFH ist bedenklich. Legt der andere Vertragsstaat die Regelung zur Besteuerung von Sozialversicherungsrenten mit guten Gründen entsprechend der bisherigen Sichtweise des BFH aus, droht eine Doppelbesteuerung. Die Entscheidung darf unseres Erachtens nicht unbedacht auf andere Doppelbesteuerungsabkommen übertragen werden. Maßgebend bleibt die einzelfallbezogene Auslegung des jeweiligen DBA. 

Prof. Dr. Burkhard Binnewies
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn
Dr. Eugen Mehlhaf
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate
LinkedIn