Zehnt – der Steuerblog

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Corona-Steuerhilfegesetz und Konjunktur-Paket des Koalitionsausschusses – das sind die Steuer-Facts

Der Koalitionsausschuss hat sich am 3.6.2020 auf das historisch größte Konjunkturpaket geeinigt, das es in der BRD bislang gegeben hat. Es umfasst 57 verschiedene Förderinstrumente und Zukunftsprojekte.

Zudem befindet sich das Corona-Steuerhilfegesetz im Gesetzgebungsverfahren; der Bundestag hat bereits am 28.5.2020 zugestimmt (BT-Drucks. 19/19150 und 19601). Die Zustimmung des Bundesrates ist zeitnah zu erwarten.

Nachfolgend zusammengestellt ist eine Liste der für den steuerlichen Berater wesentlichen Punkte, die im Rahmen des Corona-Steuerhilfegesetz und des Pakets des Koalitionsausschusses umgesetzt werden sollen:

I. Corona-Steuerhilfegesetz

1. Umsatzsteuer

• Gastronomie Steuersatz von 19 % auf 7 % vom 1.7.2020 bis 1.7.2021 (nicht auf alkoholische Getränke)
• Verlängerung Übergangsregelung des § 2 b UStG bis zum 31.12.2022

2. Einkommensteuer

• Verlängerung steuerfreier Aufstockungszahlungen zur Kurzarbeit bis zum 31.12.2020
• Klarstellung Steuerfreiheit der Bonuszahlung iHv. € 1.500,-- in § 3 Nr. 11 a EStG

3. Umwandlungssteuerrecht
• Verlängerung der Rückwirkung von 8 auf 12 Monate

4. Anzeigepflicht von Steuergestaltungen
• Verschiebung des Inkrafttretens vom 1.7.auf den 1.10.2020

II. Paket des Koalitionsausschusses

Nachfolgende Nummerierung ist dem zusammenfassenden Schreiben des Koalitionsausschusses entnommen:

1. Branchenübergreifende Absenkung Umsatzsteuer: Befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020: (19% auf 16%; 7% auf 5%) (Finanzbedarf: 20 Mrd. Euro).

2. „Sozialgarantie 2021“: Sozialversicherungsbeiträge werden bei maximal 40% stabilisiert, weitergehende Finanzbedarfe aus dem Bundeshaushalt jedenfalls bis 2021 (Finanzbedarf: 5,3 Mrd. Euro 2020, Bedarf 2021: unklar).

3. Wettbewerbsfähige Strompreise: ab 2021 zusätzlich zu den Einnahmen aus dem BEHG weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese in 2021 bei 6,5 ct/kwh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kwh liegen wird (Finanzbedarf: 11 Mrd. Euro).

4. Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer: verschoben auf den 26. des Folgemonats (Liquiditätseffekt ca. 5 Mrd. Euro).

5. Steuerlicher Verlustrücktrag: Erweiterung für 2020 und 2021 auf maximal 5 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro. Zusätzlich soll gesetzlich ein Mechanismus implementiert werden, wie ein Rücktrag schon in der Steuererklärung 2019 nutzbar gemacht werden kann, z.B. über die Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage. Die Auflösung der Rücklage erfolgt spätestens bis zum Ende des Jahres 2022 (Finanzwirkung: Verschiebungseffekt 2 Mrd. Euro, davon 1 Mrd. Euro Bund).

6. Degressive AfA mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25% Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 wird eingeführt (Finanzwirkung: Vorzieheffekt rd. 6 Mrd. Euro, davon 3 Mrd. Euro für den Bund).

7. Körperschaft: Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften und Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags. (Finanzwirkung: 0,3 Mrd. Euro).

8. Steuerliche Verbesserung der Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen, ua. für Start-Ups (Finanzwirkung: 0,1 Mrd. Euro).

9. Schneller Neustart nach Insolvenz: Verkürzung der Wohlverhaltensphase für natürliche Personen auf drei Jahre verkürzt (zeitlich befristet), flankiert durch ausreichende Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung.

10. Kurzarbeitergeld: Vorlage Regelung für Kurzarbeitergeld ab 1. Januar im September 2020.

11. Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen: Programm für branchenübergreifende Überbrückungshilfen für die Monate Juni bis August (Volumen maximal 25 Mrd. Euro).

Antragsberechtigt: Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern.

Erstattet werden bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden.

Der maximale Erstattungsbetrag: 150.000 Euro für drei Monate.

Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis 10 Beschäftigten 15.000 Euronur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen.

Achtung: Geltend gemachte Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten sind durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in geeigneter Weise zu prüfen und zu bestätigen. Überzahlungen sind zu erstatten. Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020 (Finanzbedarf: 25 Mrd. Euro aus nicht ausgeschöpftem bestehenden Programm).

12. Vereinfachter Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (AGL II) wird verlängert bis zum 30. September 2020

13. Programm zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Kulturbereich wird aufgelegt, aus dem insbesondere die Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur, Nothilfen, Mehrbedarf von Einrichtungen und Projekten und die Förderung alternativer, auch digitaler Angebote gefördert werden sollen (Finanzbedarf: 1 Mrd. Euro).

14. Bund und Länder kompensieren Ausfall von Gewerbesteuereinnahmen hälftig mit einem pauschaliertem Ausgleich an Kommunen: Zusätzlich wird bei Gewerbesteuer Freibetrag für die existierenden Hinzurechnungstatbestände auf 200.000 Euro erhöht(Finanzbedarf: 5,9 Mrd. Euro Bund).

15. Einmaliger Kinderbonus von 300 Euro pro kindergeldberechtigtem Kind. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet. Keine Anrechnung des Kinderbonus auf Grundsicherung (Finanzbedarf: 4,3 Mrd. Euro).

16. Fördersatz der steuerlichen Forschungszulage wird rückwirkend zum 1.1.2020 und befristet bis zum 31.12.2025 auf eine Bemessungsgrundlage von bis zu 4 Mio. Euro pro Unternehmen gewährt (Finanzbedarf: 1 Mrd. Euro).

17. Kfz-Steuer für Pkw wird stärker an CO2-Emissionen ausgerichtet. Für Neuzulassungen wird die Bemessungsgrundlage zum 1.1.2021 hauptsächlich auf die CO2-Emissionen pro km bezogen und oberhalb 95g CO2/km in Stufen angehoben. Zudem wird die bereits geltende zehnjährige Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis zum 31.12.2025 gewährt und bis 31.12.2030 verlängert. Bei der Besteuerung von reinelektrischen Dienstwagen von 0,25% erhöhen wir die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro. Zusätzlich: Innovationsprämie beim Kauf von E-Auto (dadurch Verdoppelung der bisherigen Umweltprämie); Bonus-Programm für Hersteller und Zulieferer; Flottenaustauschprogramm für Handwerker und KMU; Flottenaustauschprogramm „Sozial & Mobil“; beschleunigtes Umsetzen des Masterplan Ladeinfrastruktur.

18. Registermodernisierung: bei personenbezogenen „Once Only“-Prinzip: Anmeldung für Unternehmen über die Steuer-ID

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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