Zehnt – der Steuerblog "Unternehmens­kauf"

In unserer neuen Blog-Beitragsserie werden wir uns in mehreren Teilen mit wichtigen zivil-, gesellschaftsrechtlichen, aber auch steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit dem mittelständigen Unternehmensan- und -verkauf im gewerblichen und freiberuflichen Bereich auseinandersetzen.

 

Unternehmensverkauf für den Mittelstand und Freiberufler - Teil 1: FAQ halber Steuersatz

- Was Sie dazu wissen sollten, aber noch nie gefragt haben -

7 Dinge, die den halben Steuersatz gefährden können!

In unserer neuen Blog-Beitragsserie werden wir uns in mehreren Teilen mit wichtigen zivil-, gesellschaftsrechtlichen, aber auch steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit dem mittelständigen Unternehmensan- und -verkauf im gewerblichen und freiberuflichen Bereich auseinandersetzen.

Die beleuchteten Fragen nehmen wir direkt von unserem Schreibtisch. Das Team M&A von Streck Mack Schwedhelm beschäftigt sich seit vielen Jahren ganzheitlich, das heißt sowohl steuerrechtlich, aber insbesondere auch zivil-, gesellschafts-, miet-, arbeits- und kartellrechtlich mit Transaktionen und begleitet die Mandanten und Unternehmen als anwaltliche Vertretung in der Anbahnung, Verhandlung und Umsetzung von Transaktionen.

Nachfolgender erster Teil unserer Serie zeigt 7 typische Steuerfallen im Zusammenhang mit der Gewährung des halben Steuersatzes auf:

Werden Einzelunternehmen oder gewerbliche/freiberufliche Personengesellschaftsanteile („Mitunternehmeranteile“) veräußert, ist aus Sicht des Verkäufers nicht selten eine der wesentlichen Aufgabenstellungen die Steuerbegünstigung des halben Steuersatzes, § 34 Abs. 3 EStG, in Anspruch nehmen zu können.

Voraussetzung für die Gewährung:

  • Der Betroffene hat das 55. Lebensjahr vollendet oder ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne berufsunfähig.
  • Der halbe Steuersatz wird nur für Veräußerungsgewinne iSd. §§ 16, 18 Abs. 3 EStG gewährt. Dies setzt voraus, dass Gegenstand des Verkaufs ein ganzer Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein ganzer Mitunternehmerteil ist.
  • Der Antrag kann nur einmal im Leben gestellt werden.
  • Die Gewährung des halben Steuersatzes setzt zudem die zusammengeballte Besteuerung des gesamten Veräußerungsgewinns in einem Steuerjahr voraus (sog. Zusammenballung).

Im Zusammenhang mit dem halben Steuersatz ergeben sich Fallstricke und Steuerfallen:

1. Der halbe Steuersatz wird für einen Gewinn iHv. max. € 5 Mio. gewährt. Ein übersteigender Betrag wird dem normalen, nicht gekürzten Steuersatz unterworfen.

2. Die Rechtsprechung setzt die zusammengeballte Versteuerung aller im Rahmen der Veräußerung entstehenden Gewinne in ein und demselben Steuerjahr voraus. Da bei den Veräußerungstatbeständen der §§ 16, 17 EStG das sog. Stichtagsprinzip gilt, ist dies auch bei mehrjähriger Ratenzahlung grundsätzlich sichergestellt.

Probleme drohen, wenn neben dem fixen Kaufpreis für die nächsten Jahre ein variabler Earn Out angesetzt wird, dessen Bemessungsgrundlage sich auf wirtschaftliche Entwicklungen nach Ablauf des Steuerjahres bezieht, in dem die Anteile übergehen. Für diesen Fall weist der BFH die Besteuerung demjenigen Steuerjahr zu, in dem der Earn Out das erste Mal berechnungsfähig ist (vgl. hierzu unseren Newsletter: News | Streck Mack Schwedhelm (steueranwalt.de).

Folge: Sofern fixer Kaufpreis einerseits und Earn Out andererseits in unterschiedlichen Steuerjahren erfasst werden, fehlt es an der Zusammenballung. Dies stellt ggf. den halben Steuersatz insgesamt, dh. sowohl für den fixen Kaufpreis wie auch für den Earn Out in Frage.

3. Verkauft ein Einzelunternehmer oder Freiberufler seinen Betrieb oder Mitunternehmeranteil, soll es unschädlich sein, wenn er in geringem Umfang Kunden, Mandanten bzw. Patienten zurückbehält und diese auch nach dem Verkauf weiterbetreut. Geringfügig ist der Zurückbehalt nach Rspr. des BFH dann, wenn mit den zurückbehaltenen Kunden, Mandanten bzw. Patienten weniger als 10 % der vor der Veräußerung mit diesem Kunden, Mandanten bzw. Patienten erzielten Umsätze erzielt werden.

Dabei soll es nach althergebrachter Auffassung in der Finanzverwaltung schädlich sein, wenn neben den alten Kunden, Mandanten bzw. Patienten nach der Veräußerung auch neue Kunden, Mandanten bzw. Patienten hinzugewonnen werden. Nach neueren Auffassungen, beispielsweise Finanzministerium Schleswig-Holstein, wird dies nunmehr großzügiger gesehen und die Steuerbefreiung des halben Steuersatzes auch dann gewährt, wenn zwar neue Mandate hinzuerworben werden, insgesamt aber der nach der Veräußerung erzielte Umsatz 10 % der zuvor erzielten Umsätze nicht übersteigt.

4. Da die Gewährung des halben Steuersatzes die Veräußerung eines Betriebs im Ganzen, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils im Ganzen voraussetzt, wird das Ausscheiden aus einer Gesellschafterstellung in mehrjährigen Stufen steuerlich erschwert. Plant beispielsweise ein an einer GmbH & Co. KG beteiligter Kommanditist, seine 60 %ige Beteiligung über drei Kalenderjahre in drei Tranchen von jeweils 20 % zu veräußern, wird nur der allerletzte Teilverkauf im letzten Jahr dem halben Steuersatz unterworfen werden. Für die beiden in den Vorjahren erfolgenden Teilveräußerungen greift der normale Steuersatz. Auch wird die Gewerbesteuerbefreiung nach § 7 Abs. 2 GewStG nur für den allerletzten Verkauf des verbleibenden Gesellschaftsanteils im letzten Jahr gewährt.

5. Ebenso schädlich kann es für den halben Steuersatz sein, wenn im zeitlich-sachlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Betriebes oder Mitunternehmeranteils einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen vorab zu Buchwerten, dh. steuerneutral, in andere Betriebsvermögen überführt werden:

Beispiel: A unterhält als Einzelunternehmer einen Handwerksbetrieb. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehört ua. die Betriebsimmobilie, die zivilrechtlich im Alleineigentum des A steht und betrieblich genutzt wird. A beabsichtigt an B den Betrieb unter Zurückbehalt der Immobilie zu verkaufen. Im Hinblick auf die Immobilie überführt A diese nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG zu Buchwerten auf eine von ihm hierzu eigens gegründete, gewerblich geprägte GmbH & Co. KG. Drei Monate nach der Überführung der Immobilie verkauft er den Rest-Handwerksbetrieb an B.

In dieser Situation wird der halbe Steuersatz voraussichtlich nicht gewährt werden. Es greift nach Ansicht des BMF und des BFH die Gesamtplanrechtsprechung. Danach ist Voraussetzung für die Gewährung des halben Steuersatzes, dass die sämtlichen stillen Reserven, dh. insbesondere auch diejenigen der Immobilie, im sachlich-zeitlichen Kontext einer Besteuerung zugeführt werden. Ein sachlich-zeitlicher Zusammenhang wird je nach Umständen des Einzelfalls über einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht auszuschließen sein.

6. Sofern die mitunternehmerische Einheit, an der Anteile verkauft werden sollen, ihren Gewinn bislang auf Grundlage einer Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt hat, wird die Ermittlung des Veräußerungsgewinns, der dem halben Steuersatz zugänglich ist, in der Regel die Errichtung einer Bilanz iSd § 4 Abs. 1 EStG erforderlich machen. Regelmäßig ergibt sich durch den Wechsel von Einnahme-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung ein Überleitungsgewinn, der als laufender, dh. nicht privilegierter Gewinn vom Ausscheidenden zu versteuern ist. Zugleich erhöht sich hierdurch sein Kapitalkonto, was spiegelbildlich den zum halben Steuersatz steuerpflichtigen Gewinn reduziert.

7. Scheidet ein Beteiligter aus einer freiberuflichen oder gewerblichen Mitunternehmerschaft aus und hat er zu diesem Zeitpunkt ein negatives Kapitalkonto, wird der Negativbetrag im Regelfall um den steuerpflichtigen Gewinn nach §§ 16, 18 EStG erhöht.

Beispiel: Die Mitunternehmerschaft befindet sich in der Krise. Der Mitunternehmer veräußert seinen Anteil für den symbolischen Kaufpreis iHv. € 1,--. Zu diesem Zeitpunkt hat sein Eigenkapitalkonto einen Negativwert iHv. € 500.000,--.

In diesen Fällen wird für den Regelfall der Veräußerungsgewinn, der nach § 16 EStG steuerpflichtig ist, € 500.001,-- betragen. Unbedachte Transaktionen mit negativem Kapitalkonto können insoweit für die Betroffenen Mehrsteuern in existenzrelevanter Höhe auslösen.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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