Zehnt – der Steuerblog

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Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen: eine never ending story?

Der Streit über die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge geht in eine weitere Runde. Nahezu im Wochentakt veröffentlicht der Bundesfinanzhof (BFH) mittlerweile (divergierende) Entscheidungen in Aussetzungsverfahren.

Der VIII. Senat des BFH hatte mit Beschluss vom 22.9.2023 (Az. VIII B 64/22 (AdV)) noch ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge, die nach dem 31.12.2018 entstanden sind, bejaht und daher die Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen gewährt (siehe unser Steuerblog vom 17.10.2023). Bis dahin sah das auch der V. Senat beim BFH so (vgl. BFH vom 23.5.2022 V B 4/22 (AdV), BFH/NV 2022, 1030).

Am 26.10.2023 und 2.11.2023 wurden neue Entscheidungen des X. und V. Senats des BFH veröffentlicht, in denen verfassungsrechtliche Zweifel nunmehr verneint werden (vgl. BFH vom 13.9.2023 X B 52/23 (AdV); BFH vom 16.10.2023 V B 49/22 (AdV)). Insbesondere der V. Senat des BFH macht also in dieser Frage eine Rolle rückwärts.

Bei einer solchen divergierenden summarischen Beurteilung der Rechtslage keine ernstlichen Zweifel iSd. § 69 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 2 FGO für eine Aussetzung der Vollziehung anzunehmen, ist aus unserer Sicht spätestens jetzt nur noch schwer nachvollziehbar, in der Praxis kaum zu vermitteln und schlichtweg nicht überzeugend.

Für betroffene Steuerpflichtige bzw. deren steuerlichen Berater gilt daher weiterhin: Entsprechende Verfahren und Abrechnungsbescheide über Säumniszuschläge sind nach Möglichkeit offenzuhalten, bis die Rechtsfrage endgültig geklärt ist. Die Erfolgsaussichten für Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bleiben unsicher. 
 

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Marc Nürnberger
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate