Zehnt – der Steuerblog

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„Alles klar auf der Andrea Doria?“ Neues vom BFH zum Umgang mit untergehenden Aktien

Mit dem am 11.3.2021 veröffentlichten Urteil vom 17.11.2020 (https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202110038/) hat der BFH im Hinblick auf insolvenzbedingt untergehende Aktien steuerlich klargestellt: 

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 EStG enthalten eine planwidrige Regelungslücke, soweit die dort enthaltenen Realisationstatbestände den Entzug von Aktien aufgrund der Auflösung und Abwicklung einer inländischen AG durch ein Insolvenzverfahren mit anschließender Löschung im Register nicht unmittelbar erfassen. Die planwidrige Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des Veräußerungstatbestands gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu schließen.

Von einer "Veräußerung" der Aktien ist danach auszugehen, wenn die AG bei Vermögenslosigkeit gemäß § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG im Register gelöscht wird und das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs erlischt. Bei einer (früheren) Ausbuchung der Aktien aus dem Depot des Steuerpflichtigen durch die Depotbank wird der Tatbestand schon zu diesem Zeitpunkt verwirklicht.

Folge: Zu diesem Zeitpunkt führt der Untergang der Aktie zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust iSd. § 20 Abs. 2 EStG.

Was der BFH zugleich klarstellt und was im Ergebnis leider zum Prozessverlust des klagenden Steuerpflichtigen für das betroffene Jahr führte: Der Veräußerungstatbestand und damit der Verlust ist noch nicht realisiert, wenn der Aktionär schon vor der Löschung der AG mit einer Auskehrung von Vermögen im Rahmen der Schlussverteilung des Vermögens der AG objektiv nicht mehr rechnen kann oder die Notierung der Aktien an der Börse eingestellt oder deren Börsenzulassung widerrufen wird.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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