Zehnt – der Steuerblog

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Neues BMF-Schreiben zur Mitteilung der Finanzbehörden bei Dienstvergehen von Beamten und Richtern

Stellt die Veranlagungsstelle im Rahmen des Besteuerungsverfahrens strafrechtlich relevante Verfehlungen eines Beamten oder eines Richters im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit fest, hat sie nicht nur eine Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden, sondern auch an die zuständigen Disziplinarbehörden zu prüfen (hierzu TALASKA/GÖRLICH, Stbg 2022, 418, 424). Das kann zB bei einer Nachmeldung von Besteuerungsgrundlagen im Rahmen einer Selbstanzeige der Fall sein. Bei Beamten der Finanzverwaltung werden auch Steuerstraftaten zu eigenen Gunsten als Dienstvergehen gewertet. Dabei hat die mitteilende Stelle zu prüfen, ob einer Mitteilung ggf. das Steuergeheimnis entgegensteht. Einzelheiten regelte bisher das BMF-Schreiben vom 12.1.2018 (BStBl. I 2018, 201). 

Am 13.1.2023 hat das BMF hierzu ein überarbeitetes Schreiben veröffentlicht. 

Im Wesentlichen neu hinzugekommen ist, dass eine Offenbarung insbesondere auch dann geboten ist, wenn ein Beamter oder Richter innerhalb oder außerhalb des Dienstes seine Verfassungstreue nachhaltig verletzt, zB durch Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland (Tz. 2.3).    

Im Übrigen hält das BMF an seiner Auffassung fest, dass bei Steuerstraftaten eines Beamten der Finanzverwaltung oder eines Richters ein zwingendes öffentliches Interesse iSd. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an der Weitergabe der Daten anzunehmen ist, das die Durchbrechung des Steuergeheimnisses zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigen kann (Tz. 2.4). 

Es muss sich jedoch um ein schweres Dienstvergehen handeln. Andernfalls ist eine Offenbarung von im Besteuerungsverfahren bekannt gewordenen Tatsachen nicht zulässig (Tz. 2.6). Die Schwelle wird in der Praxis recht niedrig gesetzt. Es genügt, wenn die Tat das Ansehen des Beamtentums nachhaltig schädigen könnte. Dies wird insbesondere dort angenommen, wo – wie bei der Finanzverwaltung – ein Bereich betroffen ist, der für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Verwaltung von besonders hoher Bedeutung ist. Daher kann ein zwingendes öffentliches Interesse uU auch schon bei einem geringen Steuerausfallschaden vorliegen (Tz. 1.6).  

Beraterhinweis: Eine wirksame Selbstanzeige begründet zwar einen persönlichen Strafaufhebungsgrund bzw. in Fällen des § 398a AO ein Strafverfolgungshindernis. Im Rahmen der Selbstanzeige-Beratung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch eine wirksame Selbstanzeige das Bedürfnis nach disziplinarrechtlicher Ahndung nicht entfallen lässt.   
 

Michael Görlich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Counsel
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Dr. Peter Talaska
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
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