Zehnt – der Steuerblog

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Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Überlassung an die (Schwieger-)Mutter

Schwiegereltern und –kinder haben es nicht leicht. Sie unterliegen bestimmten – natürlich nur selten gerechtfertigten - Klischees. Dies gilt auch im Steuerrecht. So entschied bspw. der BFH (vom 18.7.2013 II R 37/11, BStBl. II 2013, 934), dass ein Elternteil regelmäßig kein Interesse daran habe, sein Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Schwiegertochter zu übertragen. 
    

I. Privates Veräußerungsgeschäft und Ausnahmeregelung

Ein ähnlicher Gedanke setzt sich in der Rechtsprechung zum sog. privaten Veräußerungsgeschäft fort. Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung veräußert, liegt ein sog. privates Veräußerungsgeschäft vor (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Allerdings gewährt das Gesetz eine Ausnahme: Nicht steuerbar ist die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, und damit auch Immobilien, die im Zeitraum zwischen der Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). 


II. Überlassung an (volljährige) Kinder

Nach der Rechtsprechung des BFH ist es unschädlich, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie einem (volljährigen) Kind überlässt, für das er Kindergeld oder einen Kinderfreibeitrag erhält. Die Nutzung wird ihm als eigene zugerechnet, da es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen (BFH vom 21.5.2019 IX R 6/18, BFH/NV 2019, 1227; vom 14.5.2022 IX R 28/21, BFH/NV 2023, 20). 


Anders liegt es, wenn die Überlassung an getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten oder ein volljähriges Kind erfolgt, für das der Steuerpflichtige kein Kindergeld oder Kinderfreibeitrag erhält (BFH vom 14.02.2023 IX R 11/21, BStBl. II 2023, 642, siehe hierzu unseren Newsletter vom 27.4.2023 Trennungsbedingter Auszug und Veräußerung des Familienheims durch einen Ehepartner | Streck Mack Schwedhelm (steueranwalt.de)). Eine Nutzung zu "eigenen Wohnzwecken" iSd. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegt nur vor, wenn unterhaltsberechtigte Personen – wie Kinder –, welche die Wohnung nutzen, typischerweise zur Lebensgemeinschaft oder Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehören. Dies sei bei dauernd getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten, die nicht mehr Teil einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft sind, nicht der Fall. Eine solche Nutzung – wie der BFH (vom 14.11.2023 IX R 10/22, nv.) jüngst bestätigte – könne dem Steuerpflichtigen nicht als Eigennutzung zugerechnet werden.


III. Überlassung an die Schwiegereltern

Die gleichen Maßstäbe gelten, wenn nicht der Steuerpflichtige, sondern die Schwiegereltern die Immobilie bewohnt (BFH vom 14.11.2023 IX R 13/23, DStR 2014, 177). In diesen Fällen nutzt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht unmittelbar selbst. Es könne – so der BFH - nicht typisierend eine Unterhaltsverpflichtung unterstellt werden. Eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Schwiegereltern besteht auch objektiv nicht (vgl. dazu HAMMERMANN in Erman, BGB, 17. Aufl., 2023, § 1601 Rz. 3).


IV. Beraterhinweis

Die vorgenannte Entscheidung des BFH (vom 14.11.2023 IX R 13/23, DStR 2014, 177) bietet Argumente für die Abwehrberatung, wenn die Immobilie durch die eigenen Eltern des Steuerpflichtigen genutzt wird. Zwar konnte der BFH offenlassen, ob eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch in diesem Fall bei bestehender Unterhaltspflicht vorliegt. Das Finanzgericht hatte hierzu keine Feststellungen getroffen (§ 118 Abs. 2 FGO). Unseres Erachtens stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Grundsätzlich sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Dies erfasst auch Ansprüche der Eltern gegenüber ihren Kindern (HAMMERMANN in Erman, BGB, 17. Auf., 2023, § 1601 Rz. 9). Entscheidend ist, dass die Eltern nicht in der Lage sind, ihren Lebensbedarf aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken (§ 1602 Abs. 1 BGB, hierzu von PÜCKLER in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., 2024, § 1602 Rz. 1). Stellen die Kinder in dieser Situation ihren Eltern die Wohnung zur Verfügung, liegt nach Maßstab der bisherigen Rechtsprechung des BFH (siehe oben Tz. II.) eine zurechenbare Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor. Rechtssicher entschieden ist dies allerdings bisher nicht. 

Dr. Heinz-Willi Kamps
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Torben Gravenhorst
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