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Fiktive Terminsgebühr bei Beendigung eines Klageverfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärungen?

Nicht selten gelingt eine einvernehmliche Beendigung eines finanzgerichtlichen Klageverfahrens außerhalb eines Erörterungstermins oder einer mündlichen Verhandlung. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren war bisher umstritten, ob für den Prozessbevollmächtigten auch ohne Gerichtstermin eine Terminsgebühr verdient ist.  

Nach Auffassung des FG Münster (vom 30.3.2022 15 Ko 158/22, AO-StB 2023, 146) entsteht eine (fiktive) Terminsgebühr auch bei Beendigung eines Klageverfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärungen, selbst dann, wenn eine Erledigungsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht beantragt wurde. Eine Terminsgebühr entstehe, „wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, [...] eine Erledigung der Rechtssache im Sinne der Nummer 1002 eingetreten ist.“ (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 zu Teil 3 Abschn. 2 Unterabschn. 1, Nr. 3202 VV-RVG iVm. Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Alt. 2 zu Nr. 3104 RVG-VV (nF)).

Maßgeblich sei der bloße Eintritt der Erledigung in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Die Regelung ziele ausweislich der Gesetzesbegründung darauf ab, dass eine fiktive Terminsgebühr in den Fällen entsteht, in denen der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr zusteht. Hierdurch solle ein gebührenrechtlicher Anreiz dafür geschaffen werden, dass der Prozessbevollmächtigte an der Vermeidung oder Erledigung von Rechtsstreitigkeiten mitwirkt und dem Gericht Aufwand erspart bleibt.

Praxishinweis: Die Entscheidung des FG Münster verdeutlicht, dass sich die Prüfung der Geltendmachung einer Terminsgebühr auch ohne Durchführung eines Gerichtstermins lohnt. Auch bei Beendigung eines Klageverfahrens ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins kann eine Terminsgebühr verdient sein, wenn eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten ist. Die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins ist keine zwingende Voraussetzung (vgl. zur Terminsgebühr in Fällen einer auf das Ziel der Erledigung des Rechtsstreits gerichteten telefonischen Besprechung des Klägerbevollmächtigten mit dem Gericht, die ohne Beteiligung des Beklagten stattfindet: BERTRAND, AO-StB 2020, 297, 298). 
 

Dr. Torben Gravenhorst
Rechtsanwalt
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Dr. Christian Bertrand
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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