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Zehnt – der Steuerblog
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DSGVO und Besteuerungsverfahren
Zur Anwendbarkeit der DSGVO auf juristische Personen
In unserem Newsletter „Anwendbarkeit der DSGVO im Besteuerungsverfahren“ haben wir die Frage beleuchtet, in welchem Umfang sich Steuerpflichtige auf einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch gegen die Finanzverwaltung stützen können. Seitdem sind zahlreiche finanzgerichtliche Entscheidungen zu der Frage der Anwendbarkeit des Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO im Besteuerungsverfahren und Finanzprozess ergangen und eine Vielzahl von Revisionsverfahren beim BFH anhängig. Eine Übersicht geben wir in unseren Webinaren zur „Akteneinsicht und Auskunftsrechten im Besteuerungsverfahren". In einer aktuellen Entscheidung vom 8.2.2024 hat der BFH seine Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der DSGVO im Besteuerungsverfahren und im Finanzprozess konkretisiert.
Ausgangslage
Gem. Art. 15 DSGVO hat die betroffene Person (Steuerpflichtiger) das Recht, von dem Verantwortlichen (Finanzverwaltung) eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob dieser betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf weitere in Art. 15 DSGVO genannte Informationen.
Der BFH hat zu der Frage, in welchem Umfang dieser Auskunftsanspruch im Besteuerungsverfahren und im Finanzprozess Anwendung findet, bislang ua. entschieden, dass ein Insolvenzverwalter keinen Anspruch auf Akteneinsicht aus Art. 15 DSGVO herleiten kann, weil der Insolvenzverwalter hinsichtlich der Steuerdaten des Insolvenzschuldners nicht „betroffene Person“ iSd. Art. 4 Nr. 1, Art. 15 DSGVO ist (BFH vom 5.12.2023 IX B 108/22, BFH/NV 2024, 194). Zudem können – so der BFH – im finanzgerichtlichen Verfahren über das Akteneinsichtsrecht gem. § 78 FGO hinausgehende Rechte nicht aus Art. 15 DSGVO hergeleitet werden, da die FGO, anders als § 2a Abs. 5 AO keine Anwendbarkeit des Art. 15 DSGVO im Finanzgerichtsverfahren normiert und Prozessordnungen wie die FGO dem Datenschutzrecht und damit auch dem Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO vorgehen (BFH vom 29.8.2019 X S 6/19, BFH/NV 2020, 25; vom 18.3.2021 V B 29/20, DStR 2021, 1818).
Entscheidung vom 8.2.2024
In eine ähnliche Richtung zielt eine aktuelle Entscheidung des BFH vom 8.2.2024 (IX B 113/22 (nv.)), wonach § 2a Abs. 5 AO nur für das Besteuerungsverfahren, nicht für das Verfahren vor den Finanzgerichten gilt. Der IX. Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob die Finanzgerichtsordnung – wie vom X. Senat entschieden – dem Datenschutzrecht vorgeht. Die Klägerin war vorliegend eine GmbH und könne keine Rechte aus Art. 15 DSGVO ableiten, weil die DSGVO nach Art. 1 Abs. 1, 2 DSGVO nur Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen enthalte.
Praxishinweis
Die Bedeutung dieser Entscheidung für die Beraterpraxis ist auf den ersten Blick gering. Im finanzgerichtlichen Verfahren können die Beteiligten gem. § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Eines darüber hinausgehenden datenschutzrechtlichen Akteneinsichtsrechts bedarf es im finanzgerichtlichen Verfahren idR. nicht.
Im Besteuerungsverfahren besteht dagegen kein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht, so dass der Frage der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs im Besteuerungsverfahren hohe praxisrelevante Bedeutung zukommt. Insoweit können sich im Besteuerungsverfahren – anders als im finanzgerichtlichen Verfahren – auch Kapitalgesellschaften auf das Auskunftsrecht gem. Art. 15 DSGVO berufen. Zwar enthält die DSGVO gem. Art. 1 Abs. 1 DSGVO (nur) Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen. § 2a Abs. 5 AO erweitert den Anwendungsbereich allerdings auf verstorbene natürliche Personen und Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen.
Fazit
Der Leitsatz des BFH aaO in seiner aktuellen Entscheidung lässt - isoliert betrachtet - zunächst aufhorchen, indem es heißt: „Eine juristische Person kann unmittelbar aus Art. 15 DSGVO keine Rechte ableiten“.
Indem der BFH sodann jedoch klarstellt, dass die Anwendungserweiterung der DSGVO durch § 2a Abs. 5 AO für das Besteuerungsverfahren nach der AO gilt, verbleibt es im Besteuerungsverfahren bei der praxisrelevanten Erweiterung des Auskunftsrechts gem. Art. 15 DSGVO auch für juristische Personen.