Zehnt – der Steuerblog

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beSt: Klage in 2023 noch gefaxt?

Neue Rettungsmöglichkeit für die Wiedereinsetzung durch den BFH!

Zwischenzeitlich gibt es eine Mehrzahl von Entscheidungen zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Wiedereinsetzung gewährt werden kann, wenn durch den Steuerberater im Jahr 2023 trotz aktiver Nutzungspflicht des beSt gleichwohl noch Klage per Post oder per Fax, d.h. ohne Nutzung des beSt eingelegt wurde.

Zum Teil ist die Rspr. restriktiv: so wird auch für den Fall, dass dem Steuerberater im Zeitpunkt der Klageerhebung überhaupt noch kein Registrierungs-Code für das beSt vorlag, darauf hingewiesen, dass der Steuerberater hätte in dieser Situation spätestens unmittelbar nach Zugang der anzufechtenden Einspruchsentscheidung bei der zuständigen Steuerberaterkammer das sog. „fast lane“-Verfahren beantragen können. Sei diese Beantragung des fast lane-Verfahrens unterblieben, sei dies, so die Rechtsprechung, vorwerfbar und stehe der Wiedereinsetzung entgegen (vgl. dazu auch Newsletter vom 30.6.2023, BFH zur Wiedereinsetzung - auch im Hinblick auf das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) | Streck Mack Schwedhelm (steueranwalt.de)). 

In bestimmten Fällen unterbreitet der 12. Senat des BFH jetzt ein Rettungsangebot: Wird die Klage zwar unter Verstoß gegen die aktive beSt-Nutzungspflicht per Fax oder per Post eingelegt, erfolgt die Klageerhebung aber einige Tage vor Fristablauf, nimmt der BFH eine Unterrichtungspflicht des Gerichts an. Im Rahmen eines gewöhnlichen Geschäftslaufs sei das Gericht insoweit gehalten, den Kläger zu unterrichten, dass er die Klage nicht in der gebotenen elektronischen Form eingelegt habe. Unterbleibt, wie in der Praxis der Regelfall, eine solche Unterrichtung, soll Wiedereinsetzung gewährt werden, ohne dass es auf das Verschulden des Klägers oder dessen Bevollmächtigten ankommen soll (BFH vom 31.8.2023, Rn. 9, DStRE 2023, 1448). 

 

Hinweis

Einem Kläger ist nach dieser Entscheidung auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist zu gewähren, wenn die Geschäftsstelle des Gerichts nach Eingang der Beschwerde die Klägerin nicht innerhalb des gewöhnlichen Geschäftsgangs auf die fehlende elektronische Übermittlung hingewiesen hat. Wäre die Nachricht durch den BFH innerhalb des gewöhnlichen Geschäftsgangs erfolgt (vgl. dazu Beschluss des Bundessozialgerichts vom 09.05.2018 - B 12 KR 26/18 B, Neue Juristische Wochenschrift 2018, 2222, Rz 10; BFH-Beschluss vom 12.07.2017 - X B 16/17, BFHE 257, 523; Schumann, Deutsche Steuer-Zeitung 2023, 312, 316), hätte der Klägerin noch ausreichend Zeit zur Einhaltung der elektronischen Form zur Verfügung gestanden (BFH vom 31.8.2023 XI B 89/22, DStRE 2023, 1448 Rn. 9, juris). Bei einer schuldhaft vom Gericht unterbliebenen Unterrichtung vom Formalfehler den Verfahrensbeteiligten die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Dies gilt auch unabhängig davon, auf welchen Gründen der Fehler bei der Einreichung des bestimmenden Schriftsatzes beruht und ob dieser schuldhaft gegenüber dem Kläger vorwerfbar ist (BGH vom 3.7.2006, ll ZB 24/05, NJW 2006, 349; BFH vom 31.8.2023 XI B 89/22, aaO).

Sie haben Fragen zu diesem Themenbereich? Das Team Steuerberaterhaftung von Streck Mack Schwedhelm steht Ihnen jederzeit zur Verfügung!

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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