Zehnt – der Steuerblog "10 goldene Regeln ..."

In unserer neuen Blog-Beitragsserie werden die zehn wichtigsten steuerlichen Punkte zu verschiedenen Themen kompakt und präzise zusammengestellt.

Jeder Beitrag bietet wertvolle Tipps!

 

10 goldene Regeln zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung

Die Korrektur von Rechnungen für Zwecke des Vorsteuerabzugs stand in jüngerer Vergangenheit im besonderen Fokus. Die Rechtsprechung hat zahlreiche neue Grundsätze entwickelt. Die Finanzverwaltung folgt dem in den aktuell gültigen Verlautbarungen größtenteils, wenn auch nicht vollständig. Es haben sich insbesondere „10 goldene Regeln zur rückwirkenden  Rechnungsberichtigung“ herauskristallisiert, die in der Praxis zu beachten sind:

 

1. Eine Rechnung ist für den Vorsteuerabzug notwendig.

  • Im Grundsatz gilt: Ohne Rechnung besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer (vgl. Abschn. 15.2a Abs. 1 und 1a UStAE; BFH vom 15.10.2019 – V R 14/18, BStBl II 2020, 596; BFH 12.3.2020 – V R 48/17, BStBl. II 2020, 604; EuGH vom 21.10.2021 – C-80/20 „Wilo Salmson France“, DStRE 2021, 1443).


2. Eine Rechnung setzt Mindestangaben voraus (sog. Rumpfrechnung).

  • Eine Rechnung muss mindestens folgende Angaben enthalten (vgl. Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 6 UStAE; BFH vom 22.1.2020 - XI R 10/17, BStBl. II 2020, 601; BFH 12.3.2020 – V R 48/17, BStBl. II 2020, 604): 
    • zum Rechnungsaussteller und Leistungserbringer
    • zum Leistungsempfänger, 
    • zur Leistungsbeschreibung, 
    • zum Entgelt und 
    • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. 

Damit ist die sog. Rumpfrechnung gemeint.


3. Fehlen Angaben zur Rumpfrechnung, scheidet eine rückwirkende Rechnungsberichtigung aus.

  • Fehlen Angaben zu einem der vorgenannten Punkte einer Rumpfrechnung, soll keine Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung möglich sein, so die Finanzverwaltung und die bisherige deutsche Rechtsprechung (vgl. BFH vom 7.7.2022 – V R 33/20, BStBl. II 2022, 821). Das bedeutet, eine Rechnungsberichtigung ermöglicht dann keinen Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt der Ursprungsrechnung, sondern erst zum Zeitpunkt der Korrektur. Ob der EuGH dies auch so sieht, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. EuGH vom 21.10.2021 – C-80/20 „Wilo Salmson France“, DStRE 2021, 1443).


4. Fehlerhafte Angaben zur Rumpfrechnung ermöglichen hingegen eine rückwirkende Rechnungsberichtigung.

  • Sind die Mindestangaben einer Rumpfrechnung in der Ursprungsrechnung enthalten und nur fehlerhaft, kann hingegen mit Rückwirkung korrigiert werden, sofern die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen (vgl. Abschn. 15.2a Abs. 1a und 7 Satz 7 UStAE; BFH vom 22.1.2020 - XI R 10/17, BStBl. II 2020, 601; BFH vom 14.11.2022 – XI B 105/2, BFH/NV 2023, 155).  


5. Eine rückwirkende Rechnungskorrektur ist auch per Stornierung möglich.

  • Auch die Stornierung der fehlerhaften Ursprungsrechnung mit einer Neuausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung ermöglicht insoweit eine rückwirkende Rechnungsberichtigung (Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 3 UStAE; BFH vom 22.1.2020 - XI R 10/17, BStBl. II 2020, 601). 


6. Es ist keine Rückgabe der Ursprungsrechnung erforderlich.

  • Die Rückgabe der ursprünglichen fehlerhaften Rechnung durch den Leistungsempfänger ist nicht erforderlich (Abschn. 14.11 Abs. 1 Satz 8 UStAE; BFH vom 25.2.1993 - V R 112/91, BStBl. II 1993, 643).


7. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ist auch im Klageverfahren noch möglich.

  • Auch im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens zum Steuerjahr der Ursprungsrechnung ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich (vgl. Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 9 UStAE).


8. Die Grundsätze gelten zum Vorteil und zum Nachteil des Leistungsempfängers.

  • Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt (Abschn. 15.2a Abs. 7 Satz 4 UStAE; BFH vom 22.1.2020 - XI R 10/17, BStBl. II 2020, 601).


9. Der Leistungsempfänger hat einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Rechnung.

  • Der Leistungsempfänger kann eine Berichtigung verlangen, wenn die Rechnung nicht ordnungsgemäß ist, also bei jeder fehlerhaften und/oder unvollständigen Rechnung, um seinen Vorsteuerabzug sicherzustellen (vgl. Abschn. 14.11 Abs. 3 UStAE; BGH vom 11.12.1974 – VIII ZR 186/73, NJW 1975, 310; BGH vom 29.4.2008 – VIII ZB 61/07, UR 2008, 786).


10. Diese Grundsätze gelten auch für Gutschriften.

  • Die vorgenannten Grundsätze gelten entsprechend für Gutschriften, dh. bei Rechnungen und Rechnungsberichtigungen durch den Leistungsempfänger (vgl. Abschn. 14.11 Abs. 2 Satz 2 UStAE; BFH vom 12.3.2020 – V R 48/17, BStBl. II 2020, 604; BFH vom 12.7.2023 – XI R 41/20, DStR 2023, 2719).

Bei weiteren Fragen stehen wir und unser Team „Umsatzsteuerrecht“ gerne zur Verfügung.

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn
Sinikka Sproll
Rechtsanwältin
Associate
LinkedIn