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Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG): Auf die rechtzeitige Anpassung kommt es an!

Zahlungen, die angesichts einer Unternehmensnachfolge vom Übernehmer (zB den Kindern) an den Übergeber des Vermögens (zB die Eltern) geleistet werden, sind unter bestimmten Voraussetzungen beim Übernehmer vollständig steuerlich (als Sonderausgaben) abziehbar (vgl. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG). 

Bei der Bemessung der Versorgungsleistung hat dabei der Versorgungsgedanke, nicht der Wert des übernommenen Vermögens, im Vordergrund zu stehen. Entsprechend wird häufig vereinbart, dass die Höhe der Leistung sich im Zeitablauf ändern soll (zB weil der Versorgungsbedarf aufgrund des Renteneintritts steigt oder aufgrund des Todes des Ehegatten des Übergebers sinkt). 

Nicht selten tun sich die Steuerpflichtigen allerdings schwer, solche Klauseln tatsächlich umzusetzen. Dies gilt vor allem, wenn der Vertragsschluss einige Jahre zurückliegt. Die steuerlichen Konsequenzen können erheblich sein. 

Die Entscheidung des FG Niedersachsen vom 27.6.2019 (11 K 291/18, nv. (juris)) gibt Anlass, sich dies nochmals klar zu machen. Das FG Niedersachsen versagte dem Übernehmer des Unternehmensvermögens den Sonderausgabenabzug, weil eine im Vertrag vorgesehene Erhöhung der Versorgungsleistung nicht rechtzeitig vorgenommen wurde. Nach dem Vertrag sollte der Vater des Übernehmers des Vermögens ab dem 65. Lebensjahr (gemeint war wohl der 65. Geburtstag) eine um € 100,-- pro Monat höhere Rente erhalten. Die Rente sollte von € 200,-- auf € 300,-- aufgestockt werden. Hieran hatten sich die Vertragsbeteiligten allerdings erst 18 Monate später (der Vater war inzwischen 66 Jahre alt) wieder erinnert. Die monatliche Versorgungsleistung wurde daraufhin nicht um € 100,--, sondern um € 150,-- erhöht. 

Aus der verspäteten Vertragsumsetzung sei – so das FG – ein fehlender Rechtsbindungswille der Vertragspartner erkennbar. Der Sonderausgabenabzug komme daher nicht in Betracht. Wörtlich heißt es: 

„Vielmehr ist nach dem Klägervortrag davon auszugehen, dass die Erhöhung der monatlichen Geldzahlungen schlicht vergessen wurde. Dies lässt aber nur den Schluss zu, dass es den Beteiligten bei der Vereinbarung dieser Leistung am erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlte. Anderenfalls hätten die Eltern des Klägers unmittelbar nach dem Stichtag für die Erhöhung der Zahlung den sich ergebenden Mehrbetrag ein- und nachfordern und auf eine Einhaltung des Vertrages drängen müssen. Dass dies unterblieben ist, ergibt sich schon daraus, dass eine erhöhte Geldzahlung dann erst 1,5 Jahre später zum 01.02.2013 vorgenommen wurde.“ 

Die Entscheidung ist mE zu streng. Dem FG ist zwar zuzugeben, dass der Begünstigte gegenüber fremden Dritten (zB einer Bank oder Versicherung) idR auf die Erhöhung bestehen wird. Auch unter fremden Dritten ist es jedoch nicht selten, dass Ansprüche nicht oder erheblich verspätet geltend gemacht werden. Die Verjährungsregelungen des BGB wären ansonsten überflüssig. ME kann jedenfalls dann an dem Rechtsbindungswillen kein Zweifel bestehen, wenn die Vertragsparteien den Vertrag im Übrigen wie vereinbart umsetzen und ihren Fehler im Nachgang heilen, indem sie die verpassten Zahlungen nachholen.

Beratungshinweis: Die Entscheidung zeigt, wie pingelig Behörden und Gerichte bisweilen sein können. Für den Berater bedeutet dies, dass er bei der Vertragsgestaltung darauf bedacht sein muss, den Vertrag für die Parteien handhabbar zu machen. Ferner ist es ratsam, die Versorgungsverträge der Mandanten regelmäßig zu prüfen und etwaige Erhöhungen – soweit möglich – in den Fristenkalender einzutragen. Ohne den Hinweis des Beraters, dass die Versorgungsleistung anzupassen ist, wird so mancher Mandant in die vom FG Niedersachsen aufgezeigte (aber zu eng ausgelegte) Steuerfalle tappen. 

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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