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Update: Auf- und Abspaltung von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften

Die Auf- und Abspaltung von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften stellt in der Praxis ein gängiges Gestaltungsmittel dar. Motiviert können diese Umstrukturierungen etwa durch Ziele wie die Aufteilung und Verselbständigung von (haftungsträchtigen) Unternehmensbereichen, der Trennung von Gesellschafterstämmen, der Aufdeckung stiller Reserven, der Rückabwicklung einer erfolglosen Verschmelzung oder der Verselbständigung von Eigenbetrieben der öffentlichen Hand sein.

In jüngerer Vergangenheit sind einige interessante finanzgerichtliche Entscheidungen veröffentlicht worden, die im Rahmen der Gestaltungspraxis unbedingt beachtet werden sollten. Hierzu gehören:

1. BFH v. 11.8.2021, I R 39/18: § 15 Abs. 2 S. 3 UmwStG kein eigenständiger Ausschlussgrund

Bei der Spaltung von Kapitalgesellschaften kommen grundsätzlich die §§ 11 ff. UmwStG zum Tragen, wenn die aufnehmende Gesellschaft wiederrum eine Kapitalgesellschaft ist. Insoweit kann isoliert betrachtet von einer Verschmelzung ausgegangen werden. Darüber hinaus ist nach § 15 Abs. 1 UmwStG zusätzlich darauf abzustellen, ob spaltungsfähiges Vermögen vorliegt (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, 100 % Beteiligung an einer Körperschaft). Zudem werden nach § 15 Abs. 2 UmwStG verschiedene Missbrauchstatbestände typisiert geregelt. Hierbei war die Frage aufgekommen, ob § 15 Abs. 2 S. 3 und 4 UmwStG eigenständige Regelungen haben (durch die Spaltung sollen die Voraussetzungen für die Veräußerung geschaffen werden). Der BFH stellte in seiner Entscheidung vom 11.8.2021  klar, dass es sich bei den beiden Sätzen um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung handelt. Von einem Missbrauch sei auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Umwandlungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden. Diese zeitliche und prozentuale Begrenzung sei damit für die Rechtsanwendung bindend. Längere Fristen bzw. geringere Prozente könnten nicht über § 15 Abs. 2 UmwStG S. 3 zum Missbrauch führen.

2. BFH v. 11.8.2021, I R 27/18: Aufspaltungsbedingter Übertragungsgewinn ist Organträgerin zuzurechnen

In seiner Entscheidung vom 11.8.2021 hat der BFH erneut einen Fall zu entscheiden, in dem das Umwandlungssteuerrecht mit dem ertragsteuerlichen Organschaftsrecht zusammentrifft. Hierbei ging es um die Aufspaltung einer Organgesellschaft. Je nachdem, welche Werte die übertragende Gesellschaft im Rahmen der Aufspaltung ansetzt, kann ein sog. „Übertragungsgewinn“ entstehen. Der BFH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass der durch die Aufspaltung der Organgesellschaft anfallende Übertragungsgewinn dem Organträger nach § 14 Abs.1 S. 1 KStG zuzurechnen ist. Der BFH wendet sich damit gegen die Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 11.11.2021. Die Abspaltung sei nicht mit der Aufspaltung bzw. Liquidation gleichzusetzen, da die Organgesellschaft bei der Abspaltung bestehen bleibe. 

3. BFH v. 1.7.2021, VIII R 9/19 u. VIII R 15/20: Ausländischer Spin-Off

In zwei Parallelentscheidungen vom 1.7.2022 stellte der BFH den Anwendungsbereich von  § 20 Abs. 4a S. 7 EStG bei Spin-Offs nach ausländischem Recht (Ebay bzw. Hewlett-Packard)  klar. Wenn eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. “Spin-Off” Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zuteilt, könne dies gemäß BFH grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG führen. Dies gelte jedoch nur, soweit keine Abspaltung i. S. d. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG vorliege. Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen “Spin-Off” sei nach § 20 Abs. 4a S. 7 EStG dann steuerneutral, wenn die “wesentlichen Strukturmerkmale” einer Abspaltung i. S. d. § 123 Abs. 2 UmwG vorlägen. Eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a S. 7 EStG sei auch auf ausländische Vorgänge geboten, wobei der Begriff der “Abspaltung” i. S. d. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG typusorientiert auszulegen sei. Danach sei in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge (entgegen der Ansicht des BMF) nicht erforderlich. Für eine “Abspaltung” i. S. d. § 20 Abs. 4a S. 7 EStG sei vielmehr entscheidend, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen “zeitlichen und sachlichen Zusammenhang” mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolge.

Näheres zum Thema auch im Rahmen unseres Online-Steuertalks am Mittwoch, den 15.2.2023 um 18:30 Uhr zu dem wir Sie gerne einladen.
 

Dr. Dr. Norbert Mückl
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
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