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Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)
Nachdem das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 31.5.2018 — 9 K 9143/16) und das FG Hamburg (Urteil vom 18.9.2018 — 6 K 77/16) divergierend geurteilt haben, sorgt der BFH in einer jüngst veröffentlichen Entscheidung (Urteil vom 11.8.2021 —l R 39/18) für Klarheit: § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 hat neben § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 keinen eigenständigen Anwendungsbereich.
Grundsätzlich werden bei einer Umstrukturierung stille Reserven aufgedeckt. Ausnahmsweise können nach §§ 15 Abs. 1, 11 Abs. 2 UmwStG 2006 bei einer Spaltung die Buchwerte fortgeführt werden. Von dieser Ausnahme machen § 15 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 UmwStG 2006 eine Rückausnahme. Nach Satz 3 gilt die Buchwertfortführung nicht, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung an eine außenstehende Person geschaffen werden. Davon ist nach Satz 4 auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag mehr als 20 % der Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft veräußert werden. Zusammen bilden diese beiden Sätze die so genannte — bereits begrifflich sperrige — Nachspaltungsveräußerungssperre.
Beispiel:
Der A ist Alleingesellschafter der A-GmbH. Die A-GmbH hat zwei Geschäftsbereiche. Einer der beiden Geschäftsbereiche wird auf die B-GmbH zur Neugründung abgespalten, wobei die Buchwerte zunächst fortgeführt werden. Drei Jahre später verkauft der A 30 % seiner Anteile an der B-GmbH an den bislang nicht beteiligten C. Hier steht die Nachspaltungsveräußerungssperre der Buchwertfortführung entgegen, weil ein Verstoß gegen die Sperrfrist vorliegt.
Bislang war umstritten, ob Satz 3 auch dann zur Anwendung gelangen kann, wenn die Voraussetzungen nach Satz 4 nicht vorliegen. Gemeint sind Fälle, in denen die Anteile erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist oder unterhalb der 20 %-Schwelle veräußert werden. Das FG Hamburg hat mit der Finanzverwaltung eine eigenständige Anwendung von Satz 3 für möglich gehalten, während das FG Berlin-Brandenburg sich der herrschenden Literaturmeinung angeschlossen und eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung angenommen hat.
Der BFH schließt sich zu Gunsten des Steuerpflichtigen der zweitgenannten, restriktiven Auffassung an. Dabei verweist er ausdrücklich auf eine frühere BFH-Entscheidung (Urteil vom 3.8.2005 —l R 62/04) zur Vorgängerregelung in § 15 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 UmwStG 1995. Damals hatte der BFH geurteilt, dass Satz 3 und Satz 4 einen gemeinsamen Sinngehalt haben, sich in einem Satz zusammenfassen lassen und die Regelungstechnik nicht zwei verschiedene Anwendungsbereiche zur Folge habe. Wenn Satz 4 nur einen Unterfall von Satz 3 regele, dann habe es nahegelegen, dies im Wortlaut durch Wörter wie „insbesondere" oder „etwa" klarzustellen. Satz 3 laufe ohne eigenständigen Anwendungsbereich auch nicht systematisch ins Leere; vielmehr sei Satz 4 überflüssig, wenn es nach der erstgenannten, extensiven Auffassung auf dessen tatbestandliche Voraussetzungen gar nicht ankomme. Nach der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 2 UmwStG 2006 solle die Nachspaltungsveräußerungssperre an die harten Kriterien des Satzes 4 anknüpfen. Es sei weder gewollt noch praktikabel, daneben die weichen Kriterien des Satzes 3 zu prüfen.
Beraterhinweis:
Die Entscheidung sorgt für Rechtssicherheit, in welchem Verhältnis § 15 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 UmwStG 2006 zueinander stehen. Nunmehr steht fest, dass beide Sätze eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bilden und in jedem Fall die klaren Kriterien des Satzes 4 erfüllt sein müssen.
In der Gestaltungspraxis wird sich die Nachspaltungsveräußerungssperre weiterhin als Hemmschuh erweisen. § 15 Abs. 2 UmwStG 2006 weist zahlreiche weitere Baustellen auf. Insbesondere sind die einzelnen Tatbestandsmerkmale in Satz 4 ihrerseits auslegungsbedürftig.