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MoPeG: Risiko Betriebsaufspaltung bei Vermietungs-GbR

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird es ab dem 1.1.2024 eine Vielzahl von Neuerungen im Personengesellschaftsrecht geben. Ua. richtet sich die Stimmkraft bei Gesellschaftern einer GbR zukünftig nicht mehr nach Köpfen (§§ 709 Abs. 2, 722 BGB), sondern vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Abs. 3 Satz 1 BGB nF). Dies kann unter bestimmten Voraussetzungen zur Entstehung oder Beendigung einer Betriebsaufspaltung führen. 

I. Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden (sog. sachliche Verflechtung) und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (sog. personelle Verflechtung). Eine personelle Verflechtung besteht, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen kann. 

II. In der Praxis wird eine Betriebsaufspaltung vielfach durch gesellschaftsvertragliche Regelungen auf der Ebene des Besitzunternehmens – zB einer Vermietungs-GbR – verhindert. Sieht der Gesellschaftsvertrag der GbR das Mehrheitsprinzip für das Zustandekommen von Beschlüssen vor, nicht hingegen eine ausdrückliche Regelung zur Stimmkraft, gilt für die Stimmkraft bislang gem. § 709 Abs. 2 BGB die Mehrheit nach Köpfen. Je nach Fallkonstellation wird durch diese Vorschrift eine personelle Verflechtung vermieden oder herbeigeführt. 

III. Ab dem 1.1.2024 besteht in diesen Fällen, in denen im Vertrag das Mehrheitsprinzip, nicht aber eine Stimmrechtsregelung vorgesehen ist, uE durch das MoPeG die Gefahr, dass eine Betriebsaufspaltung entsteht oder beendet wird. Ohne eine ausdrückliche Regelung zur Stimmkraft im Gesellschaftsvertrag greift ab dem 1.1.2024 vorrangig die Stimmkraft nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen, § 709 Abs. 3 Satz 1 BGB nF. Dies kann zur Beherrschung auch im Besitzunternehmen bzw. Beendigung der Beherrschung im Besitzunternehmen führen. 

 

1. Beispiel (Begründung einer Betriebsaufspaltung)

A ist Alleingesellschafter der A-GmbH. Das Betriebsgrundstück wird der A-GmbH entgeltlich von der AB-GbR überlassen, an der A mit 60 % sowie B mit 40 % beteiligt sind. Der Gesellschaftsvertrag der AB-GbR beinhaltet die Beteiligungsverhältnisse und sieht für das Zustandekommen von Beschlüssen das Mehrheitsprinzip vor. Eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung zur Stimmkraft fehlt. 

Bislang liegt in diesem Fall wegen der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage (Betriebsgrundstück) die sachliche Verflechtung vor. Grundsätzlich mangelt es allerdings an der personellen Verflechtung, so dass eine Betriebsaufspaltung ausscheidet. Die Stimmkraft richtet sich gem. § 709 Abs. 2 BGB nach Köpfen; für eine Mehrheit bedarf es der Stimmen von A und B. Das ändert sich ab dem 1.1.2024. Für A kommt es gem. § 709 Abs. 3 Satz 1 BGB nF aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung an der AB-GbR zur Beherrschung auch des Besitzunternehmens und damit zur personellen Verflechtung. 

 

2. Beispiel (Beendigung einer Betriebsaufspaltung)

A und B sind mit jeweils 50 % an der AB-GmbH beteiligt. Das Betriebsgrundstück wird der AB-GmbH entgeltlich von der ABC-GbR überlassen. An dieser sind A und B mit jeweils 20 % und C mit 60 % beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag der ABC-GbR beinhaltet die Beteiligungsverhältnisse und sieht für das Zustandekommen von Beschlüssen das Mehrheitsprinzip vor. Eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung zur Stimmkraft fehlt. 

Wegen der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage (Betriebsgrundstück) liegt die sachliche Verflechtung vor. Die personelle Verflechtung ist bezogen auf A und B ebenfalls gegeben, da sich die Stimmkraft gesetzlich nach Köpfen richtet, § 709 Abs. 2 BGB. A und B besitzen nach Köpfen die Mehrheit der Stimmen. Das ändert sich ab dem 1.1.2024. Es kommt gem. § 709 Abs. 3 Satz 1 BGB nF zur mehrheitlichen Stimmkraft des C. Die Betriebsaufspaltung wird mangels personeller Verflechtung beendet.    

 

Beraterhinweis

Bei Beendigung einer Betriebsaufspaltung kann es zu erheblichen steuerlichen Nachteilen für den/die an dem Besitzunternehmen beteiligten Gesellschafter kommen, insbesondere bei Veränderungen in Bezug auf die personelle Verflechtung durch bspw. Erb- oder Schenkungsfälle. Sämtliche im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens ruhenden stillen Reserven (zB der überlassenen Immobilie oder der Anteile der Betriebs-GmbH) sind grundsätzlich aufzudecken.

Die GbR-Gesellschaftsverträge in einschlägigen Mandaten (Überlassung eines Betriebsgrundstücks oder einer anderen wesentlichen Betriebsgrundlage an eine Betriebs-GmbH durch eine Besitz-GbR) sind zu überprüfen. Beinhalten sie die Beteiligungsverhältnisse und für das Zustandekommen von Beschlüssen das Mehrheitsprinzip, fehlt allerdings eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung zur Stimmkraft, sind sie an das neue Recht anzupassen. Es bedarf einer ausdrücklichen Regelung zur Stimmkraft nach Köpfen.   

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Prof. Dr. Burkhard Binnewies
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Carina Freitag
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
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