Der Zehnt Aktuell

Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.

Newsletter abonnieren >

 

Kein Vermögensarrest bei ergangenen Steuerbescheiden und ausreichend Vermögen

Auf das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde hob das OLG entgegen der Ansicht des Landgerichts Saarbrücken einen Vermögensarrest des Amtsgerichts Saarbrücken mit der Begründung auf, es mangele an einem Sicherungsbedürfnis des Staates (Beschluss vom 13.10.2023 1 Ws 210/23, nv.).

Dem Beschluss lag (verkürzt) folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen den Beschuldigten lief ein Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der Einkommenssteuerhinterziehung. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das AG Saarbrücken einen Vermögensarrest in das Vermögen des Beschuldigten iHv. ca. EUR 500.000,-- an. In Vollzug dieses Arrestes pfändete die Staatsanwaltschaft Saarbrücken zahlreiche Privatkonten, Bargeld und Sachwerte.

Das Rechtsmittel der Beschwerde zum LG Saarbrücken blieb zunächst ohne Erfolg (LG Saarbrücken vom 18.8.2023 2 Qs 2/23, 98 AR 44/23 nv.). Nach Auffassung des LG Saarbrücken lagen die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vermögensarrestes gem. § 111e Abs. 1 StPO vor. Angesichts der Schwere und Bedeutung der Straftat sowie des staatlichen Interesses an der Abschöpfung inkriminierten Vermögens sei die Anordnung des Vermögensarrestes erforderlich und verhältnismäßig.

Das Saarländische Oberlandesgericht hob den Vermögensarrest indes vollständig mit der Begründung auf, dass es an genau dieser Erforderlichkeit der Arrestanordnung zur Sicherung der Vollstreckung der Einziehung von Wertersatz fehle.

In einem Parallelverfahren wegen des Tatvorwurfs der Hinterziehung von Körperschafts- Gewerbe - und Umsatzsteuer hatte der Beschuldigte den entstandenen Steuerschaden vollständig ausgeglichen. Zudem sei das Vermögen des Beschuldigten zu großen Teilen in Immobilien gebunden, das bei weitem die im Vermögensarrest vorgesehene Summe von ca. EUR 500.000,-- übersteigt und damit eine Realisierung der Beitreibung weder gefährdet erscheint noch die Existenz oder auch nur den Lebensstandard der Beschuldigten bedroht. Ferner stünde dem Sicherungsbedürfnis des Staates die eigenen Vollstreckungsmöglichkeiten des Fiskus entgegen. Für den tatgegenständlichen Einkommensteuerveranlagungszeitraum seien bereits sofort vollziehbare Steuerbescheide erlassen worden, deren Ansprüche mangels aufschiebender Wirkung von Einspruch und Klage seitens des Finanzamtes sofort vollstreckt werden könnten.

Der Senat folgte unserer Argumentation, dass ungeachtet der Regelung des § 111e VI StPO, ein Sicherungsbedürfnis ausscheidet, wenn zwischenzeitlich Steuerbescheide ergangen sind und der Fiskus als Geschädigter von dem ihm obliegenden Vollstreckungs- und Sicherungsmöglichkeiten keinen Gebrauch macht (zum Ganzen bereits PETERS in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 399 Rz. 455 ff., 482 (August 2023)).

Beraterhinweis:
Wie die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgericht zeigt, lohnt die Prüfung der Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln gegen Arrestbeschlüsse. Selbst wenn – wie vorliegend auch vom Saarländischen Oberlandesgericht angenommen – dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz wegen ersparter Steueraufwendungen gegeben sind, muss auch die Erforderlichkeit der Arrestanordnung zur Sicherung dieser Einziehung gegeben sein. Hierbei sind alle Umstände zu würdigen, die geeignet sind, Anhaltspunkte für aber auch gegen eine drohende Vereitelung oder Erschwerung der Vollstreckung zu ergeben.

Dr. Christian Bertrand
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn
Wiebke Beckmann
Rechtsanwältin
Associate
LinkedIn