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Dringender Handlungsbedarf bei durch Photovoltaikanlagen gewerblich infizierten Personengesellschaften

Der Betrieb einer Photovoltaikanlage führt im Grundsatz zu gewerblichen Einkünften (vgl. etwa BFH vom 30.6.2022 IV R 42/19, BStBl. II 2023, 118). Für Personengesellschaften haben gewerbliche Einkünfte grundsätzlich (zu Abweichungen aufgrund von Bagatellgrenzen etc. vgl. zB Stenert/Gravenhorst, DStR 2020, 2505) zur Folge, dass sie insgesamt als Gewerbebetrieb gelten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Sämtliche nicht gewerblichen Einkünfte der Personengesellschaften werden in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, sämtliche Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft werden (mit Ausnahme des sog. notwendigen Privatvermögens) steuerliches Betriebsvermögen (sog. Infektion oder Abfärbung).

Der Betrieb einer Photovoltaikanlage durch eine Personengesellschaft kann daher dazu führen, dass im Eigentum der Personengesellschaft stehende Grundstücke auch nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) nicht steuerfrei veräußert werden können (vgl. BFH vom 30.6.2022 IV R 42/19, BStBl. II 2023, 118) oder freiberufliche Praxen sämtliche Gewinne der Gewerbesteuer unterwerfen müssen.

Erfreulich ist, dass der Gesetzgeber inzwischen in § 3 Nr. 72 EStG für kleinere Photovoltaikanlagen Abhilfe geschaffen hat. Zu einer Abfärbung soll es unter den im Gesetz genannten Vorsausetzungen nicht mehr kommen (§ 3 Nr. 72 Satz 3 EStG).

Zum Ärgernis kann die Neuregelung allerdings in folgenden Fällen werden: War die Personengesellschaft bislang durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerblich infiziert, ist diese Infektion durch die Neuregelung am 1.1.2022 weggefallen (§ 54 Abs. 4 Satz 27 EStG). Die Folge ist eine Entnahmebesteuerung, bei der sämtliche stillen Reserven der zum (Sonder-)Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter (mit Ausnahme der Photovoltaikanlage) zu versteuern sind. Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Kind daher bereits in den Brunnen gefallen.

Einen Ausweg zeigt aber nun das BMF im Schreiben vom 17.7.2023 (DStR 2023, 1659) auf. Allerdings ist Eile geboten! Aus Vertrauensschutzgründen wird die Finanzverwaltung von einer Entnahmebesteuerung absehen, wenn die Verstrickungen der stillen Reserven bis zum 31.12.2023 aus anderen Gründen wiederhergestellt ist (BMF vom 17.7.2023, DStR 2023, 1659, Tz. 23).

Beraterhinweis: Es besteht daher dringender Handlungsbedarf! Ist die Abfärbung durch die Photovoltaikanlage nach § 3 Nr. 72 Satz 3 EStG weggefallen und soll eine Besteuerung der stillen Reserven vermieden werden, ist bis zum Jahreswechsel sicherzustellen, dass die Wirtschaftsgüter, die bis zum 31.12.2021 zum steuerlichen (Sonder-)Betriebsvermögen der Personengesellschaft zählten, wieder steuerliches Betriebsvermögen werden. Letzteres kann zB dadurch erreicht werden, dass die Personengesellschaft in eine gewerblich geprägte GmbH & Co KG (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) „umgewandelt“ wird (vgl. etwa SCHWEDHELM/STENERT, Die Unternehmensumwandlung, Rz. 524 ff.).

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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