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Steuertipps beim Verkauf von GmbH & Co. KG-Anteilen - Tipp 3: Die Gefahren der (Doppel-)Option

•    Hebung der stillen Reserven bereits bei Abschluss des Optionsvertrags? 

•    Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG?

In unserer Newsletterreihe „Steuertipps beim Verkauf von GmbH & Co. KG-Anteilen“ wird heute die Frage beleuchtet, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Vereinbarung einer (Doppel-)Option das wirtschaftliche Eigentum an den optionsbelasteten Anteilen bereits bei Optionsvereinbarung und nicht erst bei Optionsausübung übergeht. Daran schließen sich Fragen an, ob und unter welchen Voraussetzungen ertragsteuerlich bereits bei Abschluss des Optionsvertrags die stillen Reserven zu versteuern sind und ob und unter welchen Voraussetzungen es durch Vereinbarung einer Doppel-Option schenkungs-/erbschaftsteuerlich zu einem Verstoß gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG kommen kann. 

I. Ertragsteuern

Grundsätzlich führt nach ständiger Rspr. die Einräumung einer einseitigen Kaufoption noch nicht zur Veräußerung von Anteilen, da das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen hierdurch noch nicht übergeht (BFH vom 4.7.2007 VIII R 68/05, GmbHR 2007, 1224; FG Hamburg vom 24. 9.1987 II 133/84, EFG 1988,475; SEIBT, DStR 2000, 2061, 2065; TSCHESCHE, WPg 2002, 965, 970).

Werden Anteile an der Mitunternehmerschaft (zB GmbH & Co. KG) - gleiche Erwägungen greifen übrigens auch für Anteile an einer Kapitalgesellschaft - hingegen wechselseitig mit einer Put-und Call Option (sogenannte Doppeloption) versehen, kann das wirtschaftliche Eigentum bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrag übergehen (BFH vom 11.7.2006 VIII R 32/04, BStBl. 2007 II, 296; vom 7.5.2014 IX B 146/13, BFH/NV 2014, 1204). 

In der Literatur wird hierzu zT vertreten, das wirtschaftliche Eigentum gehe dann bereits bei Abschluss des Optionsvertrags über, wenn, ab Vertragsabschluss bereits das Risiko und die Chance einer Wertänderung beim potentiellen Erwerber liege (KARRENBROCK in L/B/P, EStG, § 17 Rz. 100 (August 2020); SEIBT, DStR 2000, 2061, 2065; KUTT, DB 2006, 2669).

Der BFH nimmt eine Gesamtbetrachtung vor. Der Grundsatzentscheidung vom 11.7.2006 lag dabei ein Fall der Doppeloption an GmbH-Anteilen wie folgt zugrunde: 

  • Calloption für den Käufer im Zeitraum 1.7.1990 bis 30.6.1999; 
  • Put-Option für den Verkäufer: 24.7.1992 bis 30.6.1999;
  • sowohl für die Put-wie Call-Option ein Festkaufpreis von 4 Millionen DM;
  • Gewinnbezugsrecht sollte den Käufern bis zum Jahr vor Übergang der Anteile noch zustehen;
  • ein Mindestausschüttungsanspruch war nicht vereinbart.

Der BFH entschied: § 17 Abs. 1 S. 1 EStG ist verwirklicht, wenn die wirtschaftliche Inhaberschaft an dem Gesellschaftsanteil auf den Erwerber übergeht. Dies soll bei dem Verkauf eines GmbH-Anteils dann anzunehmen sein, wenn der Käufer des Anteils

  1. aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts eine rechtlich gesicherte, auf den Erwerb des rechtsgerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und
  2. die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie
  3. das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.


Vorstehend skizzierte Entscheidungsgrundsätze, die vom BFH zu § 17 EStG getroffen wurden, sind entsprechend auf § 16 EStG und (Doppel-)Optionsvereinbarungen bei Mitunternehmeranteilen zu übertragen, da es sich sowohl bei § 16 EStG als auch bei § 17 EStG um Einkunftsarten handelt, die in zeitlicher Hinsicht gleichermaßen dem Stichtagsprinzip unterworfen sind. 

Bei der Prüfung dieser Merkmale ist zu berücksichtigen, dass eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung der Beteiligung auch dann anzunehmen sein kann, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind. In der zitierten Entscheidung verwies der BFH die Sache zur erneuten Prüfung zurück an das Finanzgericht.

Hinweis: Besonders gefährlich ist die Vereinbarung einer Doppeloption, wenn

  1. für den Fall der Optionsausübung bereits in der Optionsvereinbarung ein fester Kaufpreis vorgesehen ist (da hierdurch die Chancen und Risiken zukünftige Wertveränderungen der optionsbehafteten Anteile bereits auf den Erwerber übergehen);
  2. rechtlich oder faktisch im Optionsausübungszeitraum keine Ausschüttungen oder Entnahmen des Gewinns vom „Noch-“Gesellschafter durchgesetzt werden können;
  3. die Stimm- und Kontrollrechte im Optionszeitraum nicht oder nicht vollständig vom verkaufenden Altgesellschafter ausgeübt werden können.

Folge: Geht das wirtschaftliche Eigentum an den optionsbehafteten Anteilen bereits beim Abschluss des Optionsvertrages über, hat der Inhaber der optionsbehafteten Anteile bereits zu diesem Zeitpunkt die sämtlichen stillen Reserven in den Anteilen nach § 16 EStG (oder bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG) zu versteuern, ohne dass ihm bereits irgendein Kaufpreis zugeflossen wäre. 

Gleiche Grundsätze und Risiken greifen für die Optionsvereinbarung an Kapitalgesellschaften.

Beraterhinweis: Über Unsicherheiten  sollte der Mandant vorab informiert und ihm die Einholung einer verbindlichen Auskunft empfohlen werden. 

II. Schenkungs-/Erbschaftsteuer: Doppel-Option als schädliche „Veräußerung“ iSd. § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG?

Ungeklärt ist in der höchstrichterlichen Rspr. bislang, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einräumung einer Doppel-Option zu einem Verstoß gegen die 5-/7-jährige Haltefrist nach  § 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG (ggf. iVm. § 13a Abs. 10 ErbStG) führen kann: 

Die wohl herrschende Auffassung in der Literatur stellt für die Verwirklichung eines Verstoßes gegen die Behaltensfrist nach § 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG zu Recht auf den steuerlichen Vollzug des Verpflichtungsgeschäfts, dh. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ab (so GECK in Kapp/Ebeling, ErbStG, 86. Aufl., 2020, § 13 a Rz. 99; HANNES/HOLTZ in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl., 2018, § 13 a Rz. 66; LÖCHERBACH in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 6. Aufl., 2020, § 13 a Rz. 84 f.; WEBER/SCHWIND, ZEV 2019, 56, 57; offen aber tendenziell aA JÜLICHER in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 a Rz. 206 ff. (Sept. 2020), arg: Parallele zum Ertragsteuerrecht (WACKER in Schmidt, EStG. 39. Aufl., 2020, § 16 Rz. 24)).  

Nach anderer Auffassung soll eine „Veräußerung“ iSd. § 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG bereits bei Abschluss des obligatorischen, schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts vorliegen (so WEINMANN in Mönch/Weinmann, ErbStG, § 13 a Rz. 136 (Dez. 2017); in einzelnen Gesichtspunkten Zuspruch durch JÜLICHER in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 a Rz. 206 ff. (Sept. 2020), arg: Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht ist zivilrechtlich geprägt; kein Raum für abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. dazu auch, allerdings mit Besonderheiten, FG Düsseldorf vom 5.4.2006 4 K 3585/02 Erb, EFG 2006, 991)). 

Die Finanzverwaltung führt unspezifisch in R 13a 13 Abs. 1 S. 2 der Erbschaftsteuerrichtlinien aus: „Maßgebend ist dabei das obligatorische Rechtsgeschäft und nicht erst die zivilrechtliche Wirksamkeit der Veräußerung“. 

Es ist insoweit jedenfalls nicht abschließend gesichert, ob die Finanzverwaltung und Finanzgerichte die bloße Vereinbarung einer Put- und Call-Option, mE unrichtig, bereits dem Abschluss des obligatorischen Verpflichtungsgeschäfts im Rahmen des § 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG gleichstellen würden. Meines Erachtens ist dies jedenfalls dann zu verneinen, wenn die Optionserklärungen jeweils bloß wie üblich, als unwiderrufliche einseitige Willenserklärungen ausgestaltet werden, die ab einem bestimmten Zeitpunkt oder ab dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses angenommen werden können. Denn in diesem Fall kommt das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft eben erst mit der Annahme zustande. Ob hier im Einzelfall Gefahren nach § 42 AO bestehen, muss anhand des Einzelhands evaluiert werden.

Beraterhinweis: Auch hier gilt: Über vorstehend beschriebene schenkungs-/erbschaftsteuerlich Unsicherheiten sollte der Mandant vorab informiert und ihm die Einholung einer verbindlichen Auskunft empfohlen werden.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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