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BFH zeigt Gestaltung zur steuerlichen Optimierung von Unterhaltszahlungen auf

Unterstützen Eltern ihre Kinder (zB während eines Studiums) finanziell, liegen regelmäßig Unterhaltszahlungen vor, die sich bei den Eltern nicht steuerlich auswirken. Versuche, solche Zahlungen steuermindernd auszugestalten, werden von der Finanzverwaltung kritisch gesehen und sind immer wieder Gegenstand von Steuerstreitverfahren. Der BFH (vom 20.6.2023 IX R 8/22) hat nun einen (weiteren) Weg aufgezeigt, der es im Ergebnis ermöglicht, Steuerersparnisse zu erzielen: Die Einräumung eines Nießbrauchrechts der Kinder an einer vermieteten Immobilie. 

Ein solcher Zuwendungsnießbrauch führte im BFH-Fall dazu, dass den Kindern die Vermietungseinkünfte unmittelbar zuzurechnen waren. Die Vermietungseinkünfte wurden dadurch statt bei den Eltern, bei den Kindern besteuert. Da die Kinder regelmäßig über kein weiteres (oder nur geringes) sonstiges Einkommen verfügen, ist der Steuersatz deutlich niedriger. Falls der Grundfreibetrag nicht überschritten wird, kann es sogar dazu kommen, dass die Vermietungseinkünfte überhaupt nicht besteuert werden (vgl. FG Baden-Württemberg vom 13.12.2016 11 K 2951/15, EFG 2017, 965). 

Im Einzelnen:


I. Bisherige Rechtslage

1. Damit die Einkünfte dem Kind zugerechnet werden, muss der Nießbrauch zivilrechtlich wirksam bestellt werden und sowohl in der Gestaltung als auch in der Durchführung fremdüblich sein. Bei minderjährigen Kindern schließt dies ggf. auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers ein (hierzu STENERT/GRAVENHORST, GmbHR 2022, 1232).

2. Ferner prüfen die Gerichte, ob die gewählte Gestaltung missbräuchlich ist (§ 42 AO). Einen solchen Missbrauch nimmt die Rechtsprechung zB dann an, wenn Eltern ihrem (minderjährigen) Kind unentgeltlich einen zeitlich befristeten Zuwendungsnießbrauch an einem Grundstück bestellen und das Kind dieses Grundstück anschließend an die Eltern vermietet (vgl. BFH vom 18.10.1990 IV R 36/90, BStBl. II 1991, 205). Eine solche Gestaltung bezweckt nach Ansicht des BFH einen gesetzlich nicht vorgesehenen Abzug von Unterhaltszahlungen als Werbungskosten der selbstgenutzten Immobilie (vgl. § 12 Nr. 2 EStG). Derjenige, der ein Gebäude für eigene Zwecke benötigt, bestelle nicht einem anderen ein unentgeltliches Nutzungsrecht daran, um es anschließend entgeltlich zurückzumieten. 

3. Anders liegt es nach Auffassung des BFH, wenn das minderjährige Kind als Nießbraucher, die ihm zur Nutzung überlassene Immobilie an fremde Dritte vermietet (BFH vom 25.4.1995 IX R 41/92, BFH/NV 1996, 122 mwN). Es sei unschädlich, wenn die Gestaltung zugleich der Erfüllung einer Unterhaltspflicht dient. 


II. Entscheidung des BFH vom 20.6.2023

Der Fall, über den der BFH am 20.6.2023 (IX R 8/22) zu entscheiden hatte, lag zwischen diesen Fallgruppen. 


1. Sachverhalt

Im Entscheidungsfall hatten die Eltern ein in ihrem hälftigen Miteigentum stehendes Grundstück an eine GmbH vermietet, an der in den Streitjahren nacheinander der Vater und die Mutter Alleingesellschafter und -geschäftsführer waren. An diesem Grundstück räumten sie ihren minderjährigen Kindern ein befristetes Nießbrauchrecht ein. 


2. Maßstäbe des BFH

Der BFH rechnete – anders als das Finanzamt und die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg vom 21.3.2022 16 K 4112/20, EFG 2022, 1892) – den Minderjährigen die Vermietungseinkünfte zu. Es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor:

Maßgeblich war dabei für den BFH, dass die GmbH vor und nach der Begründung des Nießbrauchs die Miete als Betriebsausgabe abziehen konnte. Auf die Frage, ob es sich bei der GmbH im Verhältnis zu den Nießbrauchern um einen fremden Dritten handelt, kam es dem BFH nicht an. Anders als in der Entscheidung, in der der BFH von einem Gestaltungsmissbrauch ausging (BFH vom 18.10.1990 IV R 36/90, BStBl. II 1991, 205) sei von den Nießbrauchern kein (neuer) Mietvertrag abgeschlossen, sondern ein bestehender Mietvertrag übernommen worden. Für die Zuwendung der Einkünfte aus einem bestehenden Mietvertrag, sei die Einräumung eines (zeitlich befristeten) Nießbrauchs der gesetzlich vorgesehene Weg. 


III. Würdigung

Die Entscheidung ist aus Sicht der Steuerpflichtigen zu begrüßen. Der BFH hat klargestellt, dass es den Eltern grundsätzlich freisteht, zu entscheiden, ob sie ihren Kindern Barmittel überlassen oder ob sie ihnen – auch befristet – die Einkunftsquelle selbst übertragen. Allein das Motiv, Steuern sparen zu wollen, führt nicht zu einer Unangemessenheit iSd. § 42 AO.
 

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Torben Gravenhorst
Rechtsanwalt
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