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BFH bekräftigt die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Steuerberaterpostfachs ab 1.1.2023.
Der BFH hatte bereits mit dem Beschluss vom 28.4.2023 XI B 101/22 über die Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) zur befinden und in diesem Beschluss die Pflicht zu Nutzung der elektronischen Übermittlung streng ausgelegt (vgl. dazu Wulf/Vitale, Newsletter vom 30.6.2023). Mit dem nunmehr veröffentlichten Beschluss vom 11.8.2023 VI B 74/22 setzt der BFH diese strenge Sichtweise fort.
I. BFH-Beschluss vom 11.8.2023 (VI B 74/22)
Im dortigen Verfahren ging es um die Begründung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Der Steuerberater hatte diese per Telefax am 13.1.2023 übermittelt. Der BFH berücksichtigte die Begründung der Beschwerde nicht, weil die Übermittlung per Telefax nicht den Anforderungen des § 52d FGO entsprach.
Nach § 52d Satz 1 FGO sind Schriftsätze, insbesondere von Rechtsanwälten und Behörden, als elektronische Dokumente zu übermitteln. Nach § 52d Satz 2 FGO gilt dies für die nach der FGO vertretungsberechtigten Personen ebenfalls, wenn für sie ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht.
Für Steuerberater stehe so der BFH seit dem 1.1.2023 ein solcher sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung. Denn gemäß § 86d StBerG sei die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) verpflichtet gewesen, zum 1.1.2023 für jeden Steuerberater und Steuerbevollmächtigten ein beSt empfangsbereit einzurichten. Die Steuerberater seien demgegenüber ab diesem Datum verpflichtet gewesen seien, die erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten, um das beSt zu nutzen. Steuerberater seien daher ab dem 1.1.2023 zu dessen Nutzung verpflichtet gewesen.
Zwar räumt der BFH ein, dass die BStBK die Registrierungsbriefe und damit die für die Erstanmeldung der Berufsträger notwendigen Informationen tatsächlich erst beginnend im Januar 2023 in alphabetischer Reihenfolge in mehreren Tranchen bis hin zum 17.3.2023 versandt hatte. Allerdings habe die BStBK dieser Verzögerung durch ein sogenanntes „Fast-Lane“-Verfahren Rechnung getragen.
Dieses von Beginn der Registrierungskampagne 2022 und bis zu deren Abschluss eröffnete Verfahren ermöglichte es Steuerberatern, sich auf Antrag bei der BStBK auch schon vor dem 1.1.2023 oder kurzfristig noch während der Einführung im Jahr 2023 für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr registrieren zu lassen.
Der BFH sah es ausdrücklich als unerheblich an, ob dem jeweiligen Steuerberater die von ihm vorzuhaltenden „technischen Einrichtungen“ zur Verfügung stehen und das beSt von diesem tatsächlich freigeschaltet wurde. Eine individuelle Freischaltung sei nach dem BFH nicht erforderlich. Es soll allein auf die Möglichkeit der Nutzung ankommen.
Die gegen die Nutzungspflicht des beSt auch in der finanzgerichtlichen Rechtsprechunggeltend gemachten Verfassungsrechtliche Zweifel teilt der BFH nicht (vgl. Niedersächsisches FG vom 14.4.2023, 9 K 10/23, EFG 2023, 933; FG Münster vom 14.4.2023, 7 K 86/23 E, BB 2023, 996). § 52d Satz 2 FGO verletzte insbesondere den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht, denn der Gesetzgeber habe mit der Verpflichtung zur Nutzung des beSt den Berufsträgern den Zugang zu den FG nicht unverhältnismäßig erschwert. Die Regelung diene zudem der Entlastung der FG und damit auch der Prozessökonomie. Sie sei ferner auf die Förderung der Nachhaltigkeit in der Justiz gerichtet. Dabei handle es sich um vernünftige Gemeinwohlerwägungen.
Dies soll trotz der Anlaufschwierigkeiten und Verzögerungen in der technischen Umsetzung des Registrierungsverfahrens auch für die Anwendung bereits zum Stichtag 1.1.2023 gelten, weil den Steuerberatern während des gesamten Registrierungsverfahrens das „Fast-Lane“-Verfahren zur Verfügung gestanden habe und damit auch der rechtzeitige Zugang zum beSt tatsächlich eröffnet gewesen sei. Für eine stichtagsabweichende Auslegung von § 52d Satz 2 FGO sei daher kein Raum.
Wenn der Berufsträger das beSt noch nicht eingerichtet habe bzw. nicht registriert sei und von dem „Fast-Lane“-Verfahren (mangels Kenntnis) keinen Gebrauch gemacht habe, liege auch keine „vorübergehende technische Störung“ im Sinne des § 52d Satz 3 FGO vor, die eine Abweichung von der Einreichung per beSt ermöglicht. Die fehlende Einrichtung des beSt sei ein „struktureller Mangel“, der den Rückgriff auf die Papierform nach dem BFH nicht rechtfertigen könne. § 52d Satz 3 FGO sei nur bei technischen Problemen bei Verwendung des vollständig eingerichteten beSt, nicht hingegen bei Verzögerungen bei dessen Einrichtung anwendbar.
II. Fazit und Schlussfolgerungen für die Praxis
Der BFH vertritt damit eine sehr strenge Position zur Anwendung des § 52d FGO. Ist die Einreichung ab dem 1.1.2023 noch per Telefax oder Post erfolgt, lässt der BFH kaum noch Argumente für die Zulässigkeit gelten. Auch die Berufung auf eine „vorübergehende technische Störung“ ist versperrt, wenn das beSt noch nicht eingerichtet war und das „Fast-Lane“-Verfahren vom Steuerberater nicht genutzt wurde.
Wenig überzeugend sind die Ausführungen des BFH zu den grundgesetzlichen Vorgaben. Es handelt sich um eine erhebliche Einschränkung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, da die Berufsträger auf einen elektronischen Übermittlungsweg beschränkt werden. Dies erscheint nur gerechtfertigt, wenn dieser elektronische Übermittlungsweg auch tatsächlich bereits zur Verfügung steht. Die Berufung auf die Möglichkeit des „Fast-Lane“-Verfahrens wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.
Nicht entschieden hat der BFH zudem, wie damit umzugehen sei, dass den Berufsträgern zum Teil auch von den Kammern mitgeteilt wurde, dass die Verpflichtung zur Nutzung des beSt erst mit Erhalt des Registrierungsbriefs der BStBK bestehe. Der BFH ließ insoweit ausdrücklich offen, ob vor diesem Hintergrund eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt und damit die betref-fende Frist noch gewahrt werden könnte.