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Berufsrecht für Steuerberater und Rechtsanwälte: Praxisrelevante gesetzliche Neuregelungen seit dem 1.8.2022 „die Zweite“
Anknüpfend an unseren Blog-Beitrag vom 21.6.2022 weisen wir auf eine weitere praxisrelevante gesetzliche Neuregelung seit dem 1.8.2022 hin. Diese Neuregelung ist insbesondere für Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen bedeutsam, die sich im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) zusammengeschlossen haben:
1. Anerkennungspflicht
Für PartG mbB ist seit dem 1.8.2022 – anders als bisher – eine Anerkennungspflicht gegeben. Diese Pflicht folgt aus §§ 50 Abs. 3 Satz 3, 53 Abs. 1 Satz 1, 2 StBerG und §§ 59f Abs. 1 Satz 1, 2, 59c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BRAO.
Danach muss grundsätzlich jede PartG mbB durch die Steuerberater- bzw. Rechtsanwaltskammer, in deren Kammerbezirk sie ihren Sitz hat, anerkannt werden. Eine nur aus Rechtsanwält:innen als Gesellschafter:innen bestehende PartG mbB muss sich bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer anerkennen lassen. Dies gilt auch dann, wenn sie Steuerberatungsleistungen erbringt (wozu sie befugt ist, § 3 StBerG). Sind oder werden an dieser RA-PartG mbB ein/e Steuerberater:in oder mehrere Steuerberater:innen mitbeteiligt und werden Rechtsdienstleistungen und Steuerberatungsleistungen erbracht, also im Falle der häufig anzutreffenden interprofessionellen PartG mbB, bedarf es der Anerkennung durch beide Berufskammern.
Das Gesetz sieht Ausnahmen vor für Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer angehören. Daher müssen sich GbR und Partnerschaften, bei denen keine Haftungsbeschränkung vorliegt, in den meisten Fällen nicht (können sich aber) anerkennen lassen, § 53 Abs. 1 Satz 2 StBerG und § 59f Abs. 1 Satz 2 BRAO.
Ausgenommen von der Anerkennungspflicht sind anerkannte WP- und BP-Gesellschaften, sofern dort nur die für sie gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß §§ 2, 129 iVm. 43a Abs. 4 WPO ausgeübt werden.
2. Frist: 1.11.2022
Anerkennungspflichtige Berufsausübungsgesellschaften, die am 1.8.2022 bestanden und noch nicht anerkannt wurden, müssen bis zum 1.11.2022 bei der zuständigen Steuerberater- bzw. Rechtsanwaltskammer die Anerkennung beantragen.
Dem Antrag auf Anerkennung ist idR beizufügen (Details sollten bei der jeweils zuständigen Kammer erfragt bzw. deren Internetseite entnommen werden):
- Gesellschafts-/Partnerschaftsvertrag oder Satzung;
- vorläufige Deckungszusage oder Nachweis über den Abschluss einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung;
- Namen und Berufe der Gesellschafter, der Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane sowie aller mittelbar beteiligten Personen;
- sofern juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften Gesellschafter sind, deren Name oder Firma, deren Sitz und – sofern gesetzlich vorgegeben – das für sie zuständige Register und die Registernummer;
- einen Nachweis über die Zahlung der Bearbeitungsgebühr;
- eine Erklärung dazu, dass sich die Berufsausübungsgesellschaft nicht in Vermögensverfall befindet;
- erfolgt eine Verbindung mit Angehörigen anderer freier Berufe nach § 1 Abs. 2 PartGG, müssen diese Personen weitere Erklärungen/Nachweise zu ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit abgeben.
3. Folgen der Anerkennung
Mit der Anerkennung wird die jeweilige Berufsausübungsgesellschaft – auch das ist neu – Mitglied der Steuerberater- bzw. Rechtsanwaltskammer. Für viele Kanzleien wird dies eine Erleichterung ihrer Arbeitsabläufe mit sich bringen, da sie über eigene Postfächer beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach verfügen werden (§ 31b BRAO). Den §§ 86c ff. StBerG ist zu entnehmen, dass etwas Ähnliches, das sog. besondere elektronische Steuerberaterpostfach, ab dem 1.1.2023 für Steuerberater eingerichtet werden soll. Zudem werden die anerkannten Gesellschaften in die elektronischen Verzeichnisse der Berufskammern eingetragen, was es den Mandanten ermöglichen wird, sich ua. über die Gesellschafter- und Vertretungsstruktur oder den von jedem Gesellschafter ausgeübten Beruf zu informieren.
Die Anerkennung hat darüber hinaus zur Folge, dass die anerkannte Gesellschaft Beteiligte eines berufsaufsichtlichen Verfahrens der zuständigen Berufskammer bzw. eines berufsgerichtlichen Verfahrens sein und selbst mit einer berufsrechtlichen Sanktionen belegt werden kann. Zudem sind Kammerbeiträge zu entrichten.
Die Frist des 1.11.2022 für die Antragstellung kann ausgeschöpft werden. Die Berufsausübungsbefugnisse bestehen wie bisher und gelten fort bis zur Entscheidung der zuständigen Kammer über den Antrag auf Anerkennung. So dürfen zB durch die – noch nicht offiziell anerkannte – Berufsausübungsgesellschaft von Steuerberatern geschäftsmäßig Hilfeleistungen in Steuersachen erbracht und sie als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden.
Für den Fall, dass die Frist versäumt wird, gibt es bislang – soweit ersichtlich – keine Rechtsprechung oder Aussagen der Berufskammern. Wir raten zur Antragstellung bis spätestens zum 1.11.2022, um die Berufsausübungsbefugnisse zu behalten und Verstöße gegen das Berufsrecht zu vermeiden (beides droht uE im Falle des Fristversäumnisses).