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Aufnahme neuer Gesellschafter trotz sperrfristbehafteter Geschäftsanteile

Sperrfristen nach dem UmwStG gehören zum Beratungsalltag und sind regelmäßig Gegenstand von Steuerstreitigkeiten. Vor dem Hintergrund zunehmend herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen steigt das Interesse nach frischem Kapital. Eine Kapitalzuführung kann trotz laufender Sperrfristen durch die Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgen. Nachfolgend möchten wir dazu eine Möglichkeit aufzeigen, ohne die neuen Gesellschaftsanteile einer Sperrfrist zu unterwerfen.

I. Laufende Sperrfrist

Erfolgt die Einbringung oder Ausgliederung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile unter dem gemeinen Wert nach § 20 Abs. 1 UmwStG oder werden Anteile an Kapitalgesellschaften nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 UmwStG mit Wertansätzen unter dem gemeinen Wert qualifiziert getaucht, werden die Sperrfristen des § 22 UmwStG ausgelöst. In diesen Fällen würde die Übertragung der erhaltenen Gesellschaftsanteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist des § 22 UmwStG zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns führen. 

II. Fehlende Möglichkeit der Anteilsübertragung

Die unentgeltliche Anteilsübertragung der sperrfristenbehafteten Anteile im Inland führt zwar grdl. nicht zum Sperrfristenverstoß, ist aber als Instrument der Kapitalbeschaffung ungeeignet. 

Die Einräumung einer Kaufoption für den Zeitraum nach Ablauf der Sperrfrist kann im Einzelfall eine Lösung darstellen. Werden dem Optionsberechtigten zur Aufbesserung des Erlöses bereits Einflussnahme- oder Gewinnbezugsrechte eingeräumt, besteht das Risiko eines bereits wirtschaftlichen Übergangs des Eigentums an den betroffenen Gesellschaftsanteilen (vgl. dazu News | Streck Mack Schwedhelm (steueranwalt.de)). Dies hätte die Realisierung des Einbringungsgewinns im Jahr der Optionseinräumung zur Folge und entspricht regelmäßig nicht dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten.

III. Schaffung neuer, nicht sperrfristbehafteter Anteile

Als gangbarer Weg verbleibt die Möglichkeit, innerhalb der Sperrfrist des § 22 UmwStG eine hinzutretende Gesellschaft mittels Kapitalerhöhung gegen Gewährung neuer Geschäftsanteile aufzunehmen. Eine solche Kapitalerhöhung verstößt nicht gegen die Sperrfristen des § 22 UmwStG und löst keinen Einbringungsgewinn aus. Erfolgt die Kapitalerhöhung durch den neuen Gesellschafter gegen Einlage unter gleichzeitiger Zahlung eines nach dem gemeinen Wert bemessenen Aufgelds, werden die neuen Anteile zudem nicht nach § 22 Abs. 7 UmwStG mitverstrickt. In der Folge sind diese neuen Anteile uneingeschränkt handelbar. Dies erhöht seitens der Käufer die Investitionsbereitschaft.

Der Bestimmung des angemessenen Aufgeldes im Rahmen der Kapitalerhöhung kommt besondere Bedeutung zu. Soweit die Konditionen zwischen fremden Dritten vereinbart werden, spricht eine erste Vermutung dafür, dass die Beträge als angemessen anzusehen zu sind; Zwingend ist dies nicht. Da die damit verbundenen Bewertungsrisiken nicht durch die Einholung einer verbindlichen Auskunft ausgeschlossen werden können, bedarf es im Vorfeld einer sorgfältigen Analyse und Dokumentation der Wertverhältnisse. So lassen sich spätere Bewertungsstreitigkeiten vermeiden.

IV. Infizierung: Verlagerung von stillen Reserven führt zur Mitverstrickung

Wird hingegen kein oder kein angemessenes, dem gemeinen Wert entsprechendes Aufgeld vereinbart und geleistet, folgt nach § 22 Abs. 7 UmwStG eine Mitverstrickung der neu ausgegebenen Geschäftsanteile. Ob der Tatbestand, wie vor der Schaffung des § 22 Abs. 7 UmwStG von der Rechtsprechung (BFH vom 8.4.1992 I R 128/88, BStBl. 1992, 53) gefordert, eine willentliche Verlagerung der stillen Reserven erfordert, ist umstritten.

Als Rechtsfolge gelten die neuen Anteile als im Rahmen der Sacheinlage oder des Anteilstausches erhalten bzw. eingebracht. Für die neuen Anteile läuft die bestehende Sperrfrist fort, sodass deren Übertragbarkeit im Einzelfall wirtschaftlich erheblich eingeschränkt ist.

Beraterhinweis: Ebenso kann es bei Gründung einer neuen Gesellschaft gegen Sacheinlage zu einem relevanten Übergang von stillen Reserven kommen, wenn die Sacheinlage im hohen Umfang stille Reserven enthält. Dies kann nach § 22 Abs. 7 UmwStG zur Entstehung unbeabsichtigter sperrfristverhafteter Anteile der übrigen Gesellschafter führen.

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Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Daniel Sommer
Rechtsanwalt, Steuerberater
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