Zehnt – der Steuerblog

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Wenn der Flankenschutz zweimal klingelt

Der BFH hat am 11.7.2022 (VIII R 8/19) entschieden, dass die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig ist, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt. Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige dem zustimmt.

Grundsätzlich bejaht der BFH, dass Finanzämter nach § 92 S. 2 Nr. 4 iVm § 99 AO berechtigt sind, zur Einnahme des Augenscheins die Wohnräume von Steuerpflichtigen mit deren Einverständnis zu betreten, um aufzuklären, ob etwa das geltend gemachte Arbeitszimmer tatsächlich existiert. Der BFH entschied jedoch im konkreten Fall, dass die unangekündigte Ortsbesichtigung nicht erforderlich war und mildere und ebenso geeignete Mittel zur Verfügung gestanden hätten, wie etwa die Anforderung von Skizzen oder Fotos. Das Recht, "in Ruhe gelassen zu werden", soll gerade in den Wohnräumen gesichert sein. Zutreffend weist der BFH im Übrigen auf die mögliche Stigmatisierung des Betroffenen bei Besuchen durch die Steuerfahndung hin.

In jedem Fall sind Steuerpflichtige bei sämtlichen Besuchen der Steuerfahndung, ob nun (vordergründig) im Gewand des Flankenschutzes oder im Kleid der originären Steuerfahndung gut beraten, sich an einen steuerstrafrechtlichen Berater zu wenden. Denn nur allzu schnell kann die Besichtigung in eine strafprozessuale Durchsuchung umschlagen.

Dr. Sebastian Peters
Rechtsanwalt
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