Zehnt – der Steuerblog

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Unerkannte Haftungsrisiken für Althaftungsverbindlichkeiten bei Praxiskauf und Mandatsübernahme

In Praxiskaufverträgen findet sich im Regelfall die Vereinbarung, dass alle bestehenden Mandate und laufenden Aufträge auf den Praxiserwerber übertragen werden und dieser in die Verträge mit den Mandanten anstelle des bisherigen Praxisinhabers eintreten soll (sog. Vertragsübernahme). Eine uE recht unscheinbare und in der Praxis eher unbekannte BGH-Rechtsprechung zur Vertragsübernahme (BGH vom 10.2.2011 IX ZR 45/08) kann zu nicht einkalkulierten und uU auch nicht versicherten Haftungsrisiken für den Praxisübernehmer führen.

Wird der Praxiskauf als Asset deal, also in Form des Verkaufs der Sachgesamtheit der Praxisgegenstände, durchgeführt, kommt es nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge betreffend die Haftungsverbindlichkeiten des Vorgängers. Die Haftungsverbindlichkeiten des Vorgängers verbleiben daher, sofern die Verbindlichkeiten nicht rechtsgeschäftlich übernommen oder ausnahmsweise gesetzliche Haftungsnormen (zB § 25 HGB) greifen, bei diesem.  

Im Falle einer Vertragsübernahme kann sich die Situation anders darstellen, wie in dem der og. BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fall hergeleitet. Im dortigen Praxiskaufvertrag war die eingangs dargestellte Vertragsübernahmeregelung enthalten. Alle Mandanten wurden durch ein Rundschreiben über die Vertragsübernahme informiert. Ferner führte die neue Praxisinhaberin nach dem Praxiskauf mit jedem Mandanten ein Gespräch, bei welchem ihr jeweils eine Vollmacht erteilt wurde. Von einem der übernommenen Mandanten wurde sie später wegen Haftungsverbindlichkeiten ihres Vorgängers auf Schadensersatz aus Steuerberaterhaftung in Anspruch genommen. 

Die Berufungsinstanz (OLG Thüringen vom 13.2.2008 7 U 147/07) hatte der Schadensersatzklage stattgegeben und die neue Praxisinhaberin zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Nach ihrer Auffassung richtet sich der Schadensersatzanspruch ohne den Praxiskauf zwar gegen den vorherigen Praxisinhaber. Infolge des abgeschlossenen Praxiskaufvertrags, in dem die Übertragung aller bestehenden Mandate und laufenden Aufträge enthalten war, sei der Anspruch jedoch rechtsgeschäftlich auf die nunmehrige Praxisinhaberin übergegangen. Ihr Eintritt in alle bestehenden Verträge sei eine gesetzlich nicht geregelte Vertragsübernahme. Durch Vollmachtserteilung habe die klagende Mandantin ihr Einverständnis mit der Mandatsübernahme erteilt, ohne dabei ein neues Mandatsverhältnis zu begründen. Das Mandatsverhältnis ist damit – so das OLG – mit allen bestehenden, bekannten oder auch unbekannten Rechten und Pflichten auf die Erwerberin übergegangen.

Der BGH bestätigte die Auffassung der Berufungsinstanz. Diese halte sich im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung und führe nicht zu einer Haftung des Übernehmers für sämtliche Altverbindlichkeiten aufgrund eines inhaltlich und formal üblichen Rundschreibens. Eine Begrenzung der Haftung hätte – so der BGH – ausdrücklich in dem Übernahmevertrag vereinbart und die Zustimmung der Mandanten auf dieser Grundlage eingeholt werden können.

Die Entscheidung des BGH überrascht angesichts dessen, dass es eine Rechtsnachfolge für Althaftungsverbindlichkeiten nicht gibt und durchaus vertreten wird, dass es sich um eine persönliche Schuld des Vorgängers handelt, die bei diesem verbleibt (OLG Düsseldorf vom 31.10.1990 18 U 109/90; vgl. dazu auch MEIXNER/SCHRÖDER DStR 2011, 1147). Der BGH spricht sich aber in der Entscheidung eindeutig für den Übergang der Althaftungsverbindlichkeit auf den Erwerber aus. 

Beraterhinweis: In Praxiskaufverträgen sollte daher ein Ausschluss des Übergangs der Althaftungsverbindlichkeiten vereinbart und die Zustimmung der Mandanten auf dieser Grundlage eingeholt werden. Alternativ kann die Mandatsbeziehung vom abgebenden Inhaber beendet werden und simultan vom Erwerber ein neuer Mandatsvertrag mit den (übergehenden) Mandanten geschlossen werden. 

Sie haben Fragen? Gerne steht Ihnen das Team Steuerberaterhaftung von Streck Mack Schwedhelm zur Verfügung. 
 

Dr. Carina Freitag
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Senior Associate
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Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
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