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Zehnt – der Steuerblog
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Steuerberater aufgepasst
Berufung auf § 55 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht) mit anschließender Durchsuchung der Kanzleiräumlichkeiten - LG Nürnberg-Fürth vom 8.5.2024 (12 Qs 1/24 + 12 Qs 2/24)
Was war passiert? In einem Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht entband der Angeklagte den bei seinem Steuerberater angestellten Zeugen von der Schweigepflicht. Dieser verweigerte sodann unter Hinweis auf § 55 StPO die Aussage und begründete dies damit, dass er angestellter Steuerberater sei und seine Chefin ihm aufgetragen habe, nicht auszusagen. Daraufhin unterbrach der Richter die Sitzung und kündigte an, einen Durchsuchungsbeschluss für die Räume der Steuerberater- und Rechtsanwalts-GmbH zu erlassen, bei der der Zeuge angestellt war.
Der Zeuge wurde nunmehr angewiesen das Gerichtsgebäude nicht zu verlassen. Zudem ordnete das Gericht eine zeitweise Telefonsperre an. Die Räumlichkeiten der Steuerberater- und Rechtsanwalts-GmbH wurden durchsucht.
In beiden Fällen half das LG Nürnberg-Fürth den Beschwerden nicht ab und führte ua. aus:
„Das Auskunftsverweigerungsrecht steht dem Zeugen in seiner konkreten Befragung zu; es kann ihm nicht vorab von außenstehenden Dritten zugesprochen werden. Vielmehr ist es das Gericht, das eigenständig zu prüfen und zu entscheiden hat, ob eine die Möglichkeit der Auskunftsverweigerung auslösende Verfolgungsgefahr besteht.“
Die Kammer folgte weiter der Rechtsansicht, wonach während der Durchsuchung eine Telefonsperre auf der Grundlage einer Annexkompetenz zu § 105 StPO verhängt werden kann; jedenfalls solange nicht ein Telefonat mit dem eigenen Rechtsbeistand unterbunden wird und soweit dies zur Erreichung des Durchsuchungszwecks konkret erforderlich ist. Der Zeuge habe die Auskunft aus rechtsfehlerhaften Erwägungen verweigert, die ihm die Geschäftsführerin seiner Steuerberater- und Rechtsanwalts-GmbH mitgegeben hat. Damit sei offenkundig, dass die GmbH „gemauert“ habe.
Auch die Entbindung von der Verschwiegenheit erachtete das Gericht als wirksam. Die Entbindung eines Berufsgeheimnisträgers von der Schweigepflicht sei unteilbar. Der Hauptberufsträger und seine mitwirkenden Personen können nur gemeinsam entbunden oder nicht entbunden werden. Die Entbindung des Berufsgeheimnisträgers von der Schweigepflicht gelte auch für weitere Personen (§ 53a Abs. 2 StPO).
Die Gewährung einer Abwendungsbefugnis im Durchsuchungsbeschluss erachtete das Gericht für entbehrlich, da Tatsachen vorgelegen, aus denen zu schließen gewesen sei, dass der Betroffene zur freiwilligen Mitwirkung nicht bereit ist und Verdunkelungsmaßnahmen zu besorgen seien.
Die im Weiteren aufgrund der wirksamen Entbindung angenommene Beschlagnahmefreiheit gelte nach Ansicht des LG Nürnberg-Fürth auch für die Handakte des Steuerberaters. Handakten beinhalten nach § 66 StBerG die Vertrauensbeziehung betreffende Unterlagen, die der Berufsträger von seinem Auftraggeber ausgehändigt bekommen hat, Schriftverkehr, den der Berufsträger für seinen Auftraggeber geführt hat, und Notizen des Berufsträgers über Besprechungen mit seinem Mandanten oder Dritten (LG Nürnberg-Fürth aaO. unter Verweis auf WULF/PETERS, Stbg 2022, 16, 25).
Fazit
Das sich Berufen auf § 55 StPO will angesichts der vorstehend aufgezeigten möglichen Konsequenzen gut überlegt sein. Allenthalben ist anzuraten, entsprechende Termine bei Gericht nur im Beisein eines Zeugenbeistands wahrzunehmen. Haben Sie Fragen zu Ihren strafprozessualen Rechten als Angehörige der steuerberatenden Berufe. Sprechen Sie uns an. Gerne schulen wir Sie hierzu auch bei Ihnen vor Ort oder online.