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Zehnt – der Steuerblog
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Relevante Beteiligungen iSv. § 17 Abs. 1 EStG an ausländischen Gesellschaften – Rechtssicherheit und Rechtsklarheit treten im Auslandsfall zurück
Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Die Regelung erfasst auch Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften, wenn die Anteile Gesellschafterrechte verkörpern, wie sie nach deutschem Recht bspw. mit Aktien oder GmbH-Anteilen verbunden sind. Wie aber bestimmt sich die Höhe der Beteiligung bei ausländischen Gesellschaften?
In seinem Urteil vom 14.2.2023 (IX 23/21) hatte sich der BFH mit der Bestimmung der Beteiligungshöhe an einer „Corporation“ US-amerikanischen Rechts zu befassen.
Zunächst stellt der BFH zu inländischen Gesellschaften fest, dass es für die Beteiligungshöhe ausschließlich auf die Beteiligung am Kapital der Gesellschaft ankommt. Das gebietet neben dem Wortlaut auch der Zweck. Es sollen Zuwächse an finanzieller Leistungsfähigkeit erfasst werden. Andererseits soll im Inlandsfall aber nicht jede Steigerung finanzieller Leistungsfähigkeit erfasst werden. Aus Gründen der vom Gesetzgeber bezweckten Rechtssicherheit und Rechtklarheit sind etwa individuelle Satzungsregelungen, die überproportionale Beteiligungen am Gewinn und Vermögen gewähren, für die Beteiligungshöhe bei inländischen Gesellschaften unbeachtlich. Entscheidend ist der Anteil am Grund- oder Stammkapital als „fest Grenze“.
Bei Auslandskapitalgesellschaften, die über kein Grund- oder Stammkapital iSd. deutschen Rechts verfügen, sei auf eine entsprechende Bezugsgröße abzustellen, die die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters in vergleichbarer Weise wiedergibt.
Im Urteilsfall standen zwei Bezugsgrößen zur Auswahl. Nach ihrer Satzung („Certificate of Incorporation“) war die US-Gesellschaft berechtigt, 150.000.000 Anteile auszugeben („authorized capital“). Diese Bezugsgröße war im US-amerikanischen Unternehmensregister eingetragen. Von diesen Anteilen wurden zum maßgebenden Zeitpunkt tatsächlich 37.277.808 Anteile ausgegeben („issued and outstanding shares"). Bemessen an der Gesamtzahl der Anteile (150.000.000) lag die Beteiligung des Klägers (1.296.165) bei ca. 0,86 %; bemessen an den zum relevanten Zeitpunkt ausgegeben Anteilen bei ca. 3,48 % und damit über der Schwelle von einem Prozent.
Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hatte bislang iSd. vom Gesetzgeber intendierten Rechtssicherheit und Rechtsklarheit teilweise auf das im Register eingetragenen „authorized capital“ abgestellt (FG Münster v. 27.11.2013 11 K 3468/11 E, EFG 2014, 341; v. 6.12.2016 7 K 3225/13 E (EFG 2017, 129). Der BFH beurteilte dies nun anders und nahm eine wesentliche Beteiligung an. Nur der Anzahl der „issued and outstanding shares" ließen sich Hinweise auf die Höhe des Kapitals, an dem der Gesamtheit der Aktionäre Gesellschafterrechte zustehen, entnehmen.
Die einfache und rechtssichere Handhabung der Relevanzschwelle ist aus Sicht des BFH bei ausländischen Kapitalgesellschafter – anders als im Inlandsfall – ausdrücklich nicht das entscheidende Kriterium. Diese Differenzierung überzeugt nicht und birgt Praxisprobleme. Für die gerichtliche Auseinandersetzung ist zu beachten, dass es für die Wahl der Bezugsgröße auf das ausländische Recht ankommt. Die Feststellung des ausländischen Rechts gehört zu den Tatsachenfeststellungen der Finanzgerichte, welche den BFH grundsätzlich binden. Entsprechende Frage sind in der ersten Instanz, ggf. unter Beweisantritt, klären zu lassen.