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Zehnt – der Steuerblog
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Nicht alle Bescheide rechtzeitig angefochten? Prüfung der Auslegungsfähigkeit lohnt!
Steuerberaterhaftungsfälle werden nicht selten bereits im Steuerverfahren gewonnen. Wird um eine vermeintlich verpasste Einspruchsfrist gestritten, lohnt die Prüfung, ob der Einspruch nicht auslegungsfähig ist und die richtige Auslegung ergibt, dass der vermeintlich nicht angegriffene Bescheid tatsächlich doch rechtzeitig mit dem Einspruch angefochten wurde.
Eine solche Auslegungsfrage hatte nunmehr erneut der BFH in Bezug auf die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO zu beantworten (BFH vom 15.12.2021 III R 34/20, Auslegung von Einspruchsschreiben | Bundesfinanzhof). Streitig war, ob die gegen Einkommensteuer-änderungsbescheide diverser Streitjahre gerichteten Einsprüche eines fachkundig vertretenen Steuerpflichtigen auch die Zinsfestsetzungen umfassten.
Mit Schreiben vom 17.5.2018 legte der fachkundig vertretene Steuerpflichtige fristgerecht Einspruch ein. Im Betreff gab er die vom FA gewählte, aber unvollständige Überschrift für die Sammelbescheide der einzelnen Streitjahre wieder. Weitere Ausführungen, insb. zum Ziel der Einspruchseinlegung, enthielt die Einspruchsschrift vom 17.5.2018 nicht. Es wurde darin lediglich dargestellt, weswegen die Bevollmächtigten zur Begründung der Einsprüche noch Zeit benötigen. Erst nach Ablauf der Einspruchsfrist – mit Schreiben vom 13.6.2018 – folgten Ausführungen der Bevollmächtigten, wonach sich der Einspruch auch gegen die Zinsfestsetzungen richte.
Das FA hielt die Einspruchsschrift vom 17.5.2018 für nicht auslegungsbedürftig und wies den Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen wegen versäumter Einspruchsfrist als unzulässig ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass entgegen der Feststellungen des FG das Einspruchsschreiben auch eines Bevollmächtigten sehr wohl auslegungsfähig war.
Dabei hat, so der BFH, das FG unberücksichtigt gelassen, dass die Einspruchsschrift vom 17.5.2018 – neben der Wiedergabe der vom FA gewählten, aber unvollständigen Überschrift für die Sammelbescheide der einzelnen Streitjahre im Betreff – keine weiteren Ausführungen dazu enthielt, welches Ziel der Kläger mit seinen Ansprüchen verfolgt. Es sei vielmehr darin lediglich dargestellt worden, weswegen die Bevollmächtigten des Klägers zur Begründung der Einsprüche noch Zeit benötigen. Deshalb sei zunächst unklar gewesen, gegen welchen oder welche der verbundenen Verwaltungsakte der Kläger vorgehen wollte.
Unter Berücksichtigung des Schreibens vom 13.6.2018 ist nach Ansicht des BFH von einem am 17.5.2018 eingelegten Einspruch auszugehen, der sich auch gegen die Zinsfestsetzungen richtet. Der BFH führte aus, dass dieser Schriftsatz gestatte, auf den ursprünglichen Willen des Klägers zu schließen. Denn der Schriftsatz, mit dem der Kläger mitteilte, dass die Einsprüche weiterverfolgt werden, enthalte im Betreff – wie das Einspruchsschreiben vom 17.5.2018 – (lediglich) die vom FA verwendete Überschrift der verbundenen Bescheide. Inhaltlich erhebe der Kläger aber ausschließlich Einwendungen gegen die gleichfalls festgesetzten Zinsen zur Einkommensteuer. Eine einengende Auslegung des Anfechtungsgegenstands auf die Festsetzung von Einkommensteuer und/oder Solidaritätszuschlag kommt daher, so der BFH, nicht in Betracht.
Die Entscheidung zeigt: Gerade mit Kenntnissen des Verfahrensrechts können drohende Schäden im Steuerverfahren immer wieder abgewendet werden. Die Flinte sollte hier nicht vorzeitig ins Korn geworfen werden.
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