Zehnt – der Steuerblog

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Neues vom BFH und der Drei-Tages-Fiktionen

In dem Beschluss vom 26.2.2021 hat sich der BFH erneut mit der Frage der Drei-Tages-Fiktion und damit der Frage des Fristablaufs bei Einspruch und Klage befasst. 

Leitsätze: 

1. Die Drei-Tages-Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO findet nur dann Anwendung, wenn feststeht, wann der Verwaltungsakt durch die Finanzbehörde zur Post aufgegeben wurde. Hierzu bedarf es der vollen richterlichen Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO).

2. Versäumnisse des Steuerpflichtigen bei der Substantiierung seines Vorbringens zu einem von der Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO abweichenden späteren Zugangs des Verwaltungsakts beeinflussen den Grad der Überzeugungsbildung über den Zeitpunkt der Postaufgabe des Verwaltungsakts nicht.

Im Streitfall hatte das vorinstanzliche Finanzgericht Hessen ausgeführt, der Einspruch sei verfristet. Insbesondere, so im Ergebnis das Finanzgericht, sei nicht hinreichend substantiiert zu dem Tag vorgetragen worden, zu dem der in Streit stehende Steuerbescheid zur Post aufgegeben wurde. 

Hierzu stellt der BFH fest: Der Steuerpflichtige ist allein im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, möglichst vollständig und abschließend zu Tatsachen vorzutragen, die einen „verspäteten Zugang“ außerhalb der Drei-Tages-Frist ernstlich als in Betracht zu ziehend erachten lassen. Diese Darlegungs- und Beweisgrundsätze sind hingegen nicht, so der BFH, auf die Tatsachenfrage anzuwenden, wann der Bescheid vom Finanzamt zur Post gegeben wurde. Aus diesem Grund ist die Sache erneut zum Finanzgericht zur weiteren Prüfung zurückverwiesen worden. 

Einmal mehr zeigt sich, eine Vielzahl von Fragen, die für das Verfahrensrecht und damit für ein möglichen Prozessgewinn entscheidend sind, können nur im Rahmen einer Akteneinsicht durch den Bevollmächtigten angegangen werden (§ 78 FGO). Steht danach nicht konkret fest, wann der Bescheid zur Post gegeben worden ist, kann möglicherweise doch noch erfolgreich gegen die Verfristung argumentiert werden. 

Die Entscheidung finden Sie unter:  https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202150085/

 

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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