Zehnt – der Steuerblog

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Neues zur Verrechnungspreisdokumentation: Zuschlag als Druckmittel trotz Nichtexistenz der Betriebsstätte

(Anm. zu BFH vom 15.2.2022 I B 55, 56/21 (AdV))

I. Ausgangslage
Steuerpflichtige müssen eine Verrechnungspreisdokumentation (Doku) erstellen (§ 90 Abs. 3 Satz 1 AO). Das FA kann die Vorlage dieser Dokumentation verlangen (§ 90 Abs. 3 Satz 6, 97 AO). Wird keine Dokumentation vorgelegt oder ist sie im Wesentlichen unverwertbar, hat das FA einen Zuschlag festzusetzen (§ 162 Abs. 4 Satz 1 AO), wobei die Höhe des Zuschlags im Ermessen des FA steht (§ 162 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 AO).

II. Entscheidung
Im Rahmen einer BP berief sich der Antragsteller auf die Existenz einer Betriebsstätte (PE) in Georgien. Er unterhalte dort ein Lager mit Büro, PC und einem bar bezahlten Angestellten.

Statt der von der BP verlangten Dokumentation legte der Antragsteller Steuerbescheinigungen der georgischen Finanzverwaltung vor. Das FA setzte den höchstmöglichen Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO fest. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Antragsteller Klage und beantragte die AdV beim FG Berlin-Brandenburg. Das FG wies den AdV-Antrag als unbegründet ab (Az. 14 V 4110/20 und 14 V 14043/21).

Der BFH hat die dagegen eingelegte Beschwerde nunmehr als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehen – so der BFH – keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung (§ 69 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 FGO). Der Antragsteller habe sich beharrlich geweigert, dem zulässigen Vorlageverlangen nachzukommen.

Die Feststellung der BP, dass in Georgien keine Betriebsstätte bestehe, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Auch bei Nichtexistenz der Betriebsstätte sei eine Dokumentation vorzulegen, da die Einsicht in diese Dokumentation zu einer anderen Feststellung hätte führen können.

III. Beraterhinweis
Der BFH verlangt die Dokumentation einer Transaktion, die es nie gab. Der Antragsteller hätte die behauptete Transaktion dokumentieren müssen. Mutmaßlich wäre die Transaktion zwar nicht anerkannt worden, jedoch hätte der Antragsteller den Zuschlag vermeiden können.

Der BFH musste die berechtigte Frage nicht beantworten, ob der Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV verstößt (so die Vorlage des FG Bremen (Az. 2 K 187/17 (3)) an den EuGH (Az. C-431/21)), da Georgien (noch) kein EU-Mitglied ist.

In der Praxis raten wir Steuerpflichtigen, ihre Geschäftsbeziehungen verwertbar zu dokumentieren und im Einzelfall zu streiten, wenn einzelne Fragen der BP unzulässig sind, etwa weil die angefragten Informationen steuerlich nicht erheblich sind.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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