Zehnt – der Steuerblog

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Familienheim im Erbschaftsteuerrecht – Welche Grundstücksfläche ist begünstigt?

Die Begünstigung des sog. Familienheims ist eine zentrale Vorschrift im Erbschaftsteuerrecht. Soweit das Vermögen einer Person nicht aus Betriebsvermögen besteht, stellt das Familienheim in der Regel den werthaltigsten Vermögensgegenstand dar. Dementsprechend steht die Übertragung des Familienheims bei der Planung der (ggf. vorweggenommenen) Erbfolge regelmäßig im Fokus der steuerlichen Beratung.

Das Gesetz gewährt grundsätzlich eine wertmäßig nicht begrenzte Steuerbefreiung für das Familienheim. Je nach Erwerber und Art des Erwerbs gelten bestimmte Einzugs- und Behaltensfristen und eine Begrenzung der begünstigen Wohnfläche auf 200 qm (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. a bis c ErbStG).

Nicht näher geregelt ist allerdings, in welchem Umfang der zum Familienheim gehörende Grund und Boden unter die Begünstigung fällt. Der BFH hatte zuletzt ausgeführt, dass entweder das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, also die Fläche gemäß Grundbuch, in Betracht komme oder die sog. wirtschaftliche Einheit iSd. § 2 Abs. 1 BewG, wonach sich die Zugehörigkeit nach den wirtschaftlichen und örtlichen Gegebenheiten richtet (vgl. BFH vom 23.2.2021 II R 29/19, BStBl. II 2023, 191). Die Entscheidung, ob das Grundstück iSd. BGB oder BewG zu verstehen ist, hat das BFH aber offengelassen.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat sich mit jüngst veröffentlichter Entscheidung für eine alternative, äußerst restriktive Sichtweise entschieden (FG Niedersachen vom 12.7.2023 3 K 14/23). Geklagt hatte der Erbe eines Grundstücks, das aus mehreren Flurstücken und einem Wohnhaus besteht, für welches das Finanzamt die Steuerbefreiung als Familienheim nur anteilig gewährte. Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und darauf abgestellt, dass die Befreiungsnorm restriktiv auszulegen und ein speziell für die Begünstigung geltender Grundstücksbegriff maßgeblich sei. Begünstigt sei nicht die ganze wirtschaftliche Einheit, sondern nur das tatsächlich bebaute Flurstück als katastermäßige Grundstücksfläche. Liegt kein entsprechendes Flurstück vor, sei ersatzweise auf eine entsprechend zu bildende Teilfläche des Grund und Bodens abzustellen.

Die Revision gegen das Urteil ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II R 27/23 anhängig. Nun muss der BFH klären, welcher Grundstücksbegriff für das Familienheim gilt. Im Sinne der Steuerpflichtigen bleibt zu hoffen, dass der BFH die äußerst restriktive Sichtweise des FG Niedersachen verwirft und in der Frage für Rechts- und Planungssicherheit sorgt.

Marc Nürnberger
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate