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BGH äußert sich zum Schuldumfang der Beitragsvorenthaltung gem. § 266a StGB

Der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 13.6.2023 (1 StR 126/23) seine Rechtsprechung zur Bestimmung des Schuldumfangs bei Straftaten der Beitragsvorenthaltung vertieft und klargestellt, dass bei fehlenden tragfähigen Erkenntnissen über die tatsächlich gezahlten Löhne und Gehälter die Bestimmung des Schuldumfangs nur dann im Wege der Schätzung erfolgen kann, wenn nach der Überzeugung des Tatrichters ein strafbares Verhalten des Angeklagten feststeht. Im Rahmen der Schätzung gelten die von der Rechtsprechung zum Tatbestand der Steuerhinterziehung entwickelten Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 266a StGB entsprechend. In diesem Zusammenhang betont die Entscheidung erneut, dass sich mit Blick auf den Grundsatz in dubio pro reo unüberwindbare Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten auswirken müssen; der Tatrichter hat erforderlichenfalls einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang festzustellen. Die Berücksichtigung des Zweifelsgrundsatzes führt dazu, dass im Rahmen des § 266a StGB bei unbekannten Arbeitnehmern personenbezogene Beitragszuschläge wie zB. Beitragszuschläge für Kinderlose bei der Ermittlung des Beitragsschadens außer Ansatz bleiben müssen. 

Beraterhinweis: Neben der Prüfung, ob die Bestimmung des Schuldumfangs in einem Strafverfahren gem. § 266a StGB diesen höchstrichterlichen Anforderungen genügt, lohnt sich die Überprüfung einer eventuellen Einziehungsentscheidung: Wie der BGH in seinem Beschluss abschließend klarstellt, muss — anders als bei der Bemessung des Schuldumfangs — der Einziehungsbetrag exakt nachvollziehbar und rechtfehlerfrei bestimmt sein. Hierzu müssen Berechnungsgrundlagen und Rechenweg in einer Weise dargelegt werden, die aus sich heraus verständlich und ohne weiteres nachprüfbar ist.
 

Dr. Jonas Joosten
Rechtsanwalt
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Dr. Christian Bertrand
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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