Zehnt – der Steuerblog

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BFH und Wiedereinsetzung bei fehlerhaftem Poststempel: Aus Beratersicht ein haftungsträchtiges Thema!

Erneut hat sich der BFH der Wiedereinsetzung beschäftigt:

www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202050259/

-    Die Revisionsbegründungsfrist, so der BFH, ist keine alltägliche, einfach zu berechnende Frist und muss daher vom Prozessbevollmächtigten selbst, eigenmächtig im Hinblick auf die richtige Notierung überprüft werden.

-    Die Prüfung hat insbesondere durch Anwalt/Steuerberater zu erfolgen, wenn eine Vorfrist notiert ist und ihm die Akte vorgelegt wird. Ist die Zustellung des fristauslösenden Schriftstücks (hier FG Urteil) mittels PZU erfolgt, muss er selbst anhand des gelben Umschlags und des dort notierten Zustellungsdatums prüfen, ob die Frist, ausgehend von diesem Datum, zutreffend in der Fristenkontrolle erfasst worden ist. Eine Delegation dieser Aufgabe an Mitarbeiter führt zum Fahrlässigkeitsvorwurf und damit der Nichtgewährung der Wiedereinsetzung, wenn auf dem fristauslösenden Schriftstück ein falscher Poststempel angebracht wurde, das richtige Zustellungsdatum aber dem gelben Umschlag der PZU entnommen werden kann.

-    Die Tatsache der eigenständigen Prüfung wie auch sonst sämtliche Umstände, die ein fehlendes Verschulden seitens des Berufsträgers dokumentieren, sind im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrags innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 65 FGO: zwei Wochen; § 110 AO: 1 Monat ) vorzutragen und glaubhaft zu machen. Ein Nachschieben von Gründen ist nicht möglich (vgl. etwa BFH vom 23.8.2011 X R 2/11, BFH/NV 2011, 1913 ; vom 24.1.2005 III R 43/03, BFH/NV 2005, 1312)!

-    Ist damit innerhalb der Zweiwochen-Frist (oder – im Rahmen von § 110: der Monatsfrist) die eigenständige Prüfung durch den Bevollmächtigten und ein darauf beruhendes nicht Verschulden des Berufsträgers nicht glaubhaft gemacht, ist die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu versagen.

So lag der Fall in der Entscheidung des BFH. Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt.

Beraterhinweis: Generell ist gerichtliche Wiedereinsetzung an hohe Erfordernisse geknüpft. Tritt ein Fristversäumnis ein, sollte sofort und gewissenhaft am Wiedereinsetzungsantrag und insbesondere an der vollständigen Glaubhaftmachung des Fehlens eines Verschuldens des Berufsträgers gearbeitet werden. Beweismittel zur Glaubhaftmachung sind neben der Vorlage entsprechender Unterlagen, die Beifügung von Versicherungen an Eides statt vom Berufsträger, als auch von den mit dem Vorgang befassten Mitarbeitern, die zwingend zu unterschreiben und binnen der benannten Frist im Original dem Gericht / der Behörde vorgelegt werden müssen. 

Generell sollte die Fristenorganisation so aufgestellt sein, dass insbesondere die schwierig zu prüfenden Fristen, wie eine Berufungsbegründungsfrist oder im finanzgerichtlichen Verfahren eine Revisionsbegründungsfrist oder Frist zur Begründung der Nichtzulassung. stets und ausnahmslos vom Berufsträger geprüft wird. Die entsprechende Prüfung sollte aktenkundig gemacht werden. Andernfalls wird, wenn eine solche Frist verpasst wird, regelmäßig eine Wiedereinsetzung der Frist in den vorigen Stand nicht in Betracht kommen. 

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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