Zehnt – der Steuerblog

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BFH und NATO-Truppenstatut: Steuerpflicht bei fehlendem Rückkehrwillen!

Sofern Soldaten oder Mitglieder des zivilen Gefolges ausländischer Streitkräfte unter das NATO-Truppenstatut (NTS) fallen, gelten Zeiten, in denen sie sich „nur in dieser Eigenschaft“ in Deutschland aufhalten, im Inland nicht als Zeiten des Aufenthalts oder Wohnsitzes (sog. Nichtwohnsitz-Fiktion, Art. X Abs. 1 Satz 1 NTS). Hiervon erfasst sind zB Angehörige der US-Streitkräfte, die auf US-Militärbasen in Deutschland ihren Dienst versehen.   

Nicht selten wird diese Regelung von Betroffenen fälschlicherweise als umfassender Befreiungstatbestand interpretiert. Tatsächlich greift die Nichtwohnsitz-Fiktion nur, wenn für den jeweiligen Besteuerungszeitraum ein uneingeschränkter Rückkehrwille besteht. Hält sich die Person „auch aus anderen Gründen“ in Deutschland auf, entfällt die Fiktion und es besteht ab dem Wegfall des uneingeschränkten Rückkehrwillens die unbeschränkte Steuerpflicht im Inland. 

Dies hat der BFH bereits in früheren Entscheidungen klargestellt und mit Urteil vom 3.3.2021 I R 35/19 erneut bestätigt. Danach gilt:

  • Die Nichtwohnsitz-Fiktion des Art. X Abs. 1 Satz 1 NTS greift nur dann, wenn nach den gesamten Lebensumständen erkennbar ist, dass die betroffene Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen ist, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangsstaat oder ihren Heimatstaat zurückzukehren (sog. Rückkehrwille). 
  • Maßgeblich sind die Lebensumstände aus der Sicht des jeweiligen Besteuerungszeitraums. Das spätere Verhalten des Betroffenen kann allenfalls als Indiz herangezogen werden. 
  • Die Beweislast trifft den Steuerpflichtigen. 
  • Die Beurteilung, ob im konkreten Einzelfall ein Rückkehrwille vorliegt, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. 

Beraterhinweis: Ein dem Rückkehrwillen entgegenstehender „anderer Grund“ wurde zB indiziell in der Eheschließung mit deutschen Staatsangehörigen oder im Erwerb eines inländischen Eigenheims gesehen. Solche Fälle sind in der Praxis häufig anzutreffen. Die Finanzgerichte neigen in der Tendenz dazu, den Rückkehrwillen zu verneinen (vgl. FG  Hessen vom 3.6.2019 2 K 534/16, EFG 2020, 966; vom 9.12.2011 3 K 1929/07, EFG 2012, 1120).

Berater sollten ihre Mandanten in entsprechend gelagerten Fällen auf das Risiko hinweisen. Steuerstrafrechtliche Konsequenzen können ggf. über eine Nacherklärung vermieden werden. 

www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202150142/

Michael Görlich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Counsel
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