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BFH stärkt Rechte des Steuerbürgers im Finanzgerichtsprozess

Mit seinem jüngst veröffentlichten Beschluss vom 8.8.2023 (Az.: IX B 86/22) stärkt der BFH die Rechte des Steuerbürgers im Finanzgerichtsprozess. Denn der BFH stellt klar, dass das Finanzgericht als letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts einem Beweisantrag des Klägers – also des Steuerbürgers – auf seine förmliche Vernehmung (die sog. Beteiligtenvernehmung) in der Regel nachzugehen hat. 

Hierbei darf das Finanzgericht, so der BFH, nicht ohne Weiteres die beantragte Beteiligtenvernehmung mit dem Argument ablehnen, dem Steuerbürger (Kläger) fehle infolge von in der Vergangenheit liegender Steuerverfehlungen die Glaubwürdigkeit. Denn dies stellt eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar, wenn keine klaren Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des unter den Beweis der Beteiligtenvernehmung gestellten Vorbringens des Klägers vorliegen. Für die Annahme solcher Anhaltspunkte genügt es nicht, so der BFH weiter, dass ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde. 

Darüber hinaus, so der BFH, berechtigt allein der Umstand, dass ein Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung im Finanzgerichtsprozess erscheint, nicht, die beantragte Beteiligtenvernehmung abzulehnen. Denn abweichend von der bloßen Beteiligtenanhörung setzt die Vernehmung eines Beteiligten (hier des Klägers) einen förmlichen Beweisbeschluss voraus.

Lehnt daher das Finanzgericht die beantragte Beteiligtenvernehmung mit solchen unzulässigen Argumenten ab, begeht es regelmäßig einen Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts führt, so auch hier im Entscheidungsfall des BFH, und zwar auch dann, wenn die unterlassene Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt wurde.

Diese BFH-Entscheidung mit hoher Praxisrelevanz ist daher zu begrüßen.

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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