Zehnt – der Steuerblog

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„Achtung, Achtung, dieser Datenraum schließt in fünf Minuten“

Überwiegend sind M&A Deals von den verhandelnden Parteien und Anwält:innen von einem gewissen Grundvertrauen getragen. Jeder will zum gemeinsamen Ziel, dem Gelingen des Signing, beitragen. Dieses Grundvertrauen kann aber keinesfalls naiv oder blind zugrunde gelegt werden. 

Immer wieder kommt es, wenn die Verhandlungen nicht vom wechselseitigen Grundvertrauen getragen sind, zum Spielen um das Hochladen von Dokumenten in letzter Sekunde durch den Verkäufer. 

Hintergrund: Unternehmenskaufverträge enthalten in der Regel Klauseln, dass sich Ersatzansprüche wegen Garantieverstößen nicht auf solche Informationen stützen können, die dem Käufer, insbesondere aus dem Datenraum, vor Vertragsabschluss bereits bekannt sind. 

Zu einer solchen Situation, bezogen auf den Verkauf eines bebauten Grundstücks, hatte nunmehr der BGH (BGH vom 15.9.2023 V ZR 77/22, GmbHR 2024, 20) zu entscheiden: Hier war ein Grundstückskaufvertrag an einem Montag, um 10 Uhr morgens geschlossen worden. Der Kaufvertrag enthält ua. die Garantie, dass keine Beschlüsse über zukünftige Sonderumlagen gefasst worden seien.

Noch am letzten vorangegangenen Freitag war ohne gesonderten Hinweis eine Dokumentation zu einer Beschlusslage von der Verkäuferseite hochgeladen worden, aus der sich ein mögliche Sonderumlagepflicht im Bereich zwischen € 750.000,-- bis zu € 50 Mio. ergab. Tatsächlich hatte der Käufer diese Dokumente aber vor Montag nicht mehr zur Kenntnis genommen. 

Nachdem der Käufer die Sonderumlagepflicht erst nach Vertragsunterzeichnung zur Kenntnis genommen hatte, erklärte er die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und machte Schadensersatz, insbesondere wegen Zinsen für die Kaufpreisfinanzierung, geltend. 

Das Berufungsgericht wies die Ansprüche zurück. Dementgegen hat der BGH in der Revision ausgeführt, dass konkrete Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückgewiesen. 

Allein die Einrichtung eines Datenraums schließt – so der BGH – Schadensersatzansprüche, insbesondere wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichten, nicht aus. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an und insbesondere darauf, ob objektiv die berechtigte Erwartung besteht, dass der Käufer die im Datenraum enthaltenen Unterlagen und Informationen zur Kenntnis nehmen wird. 

Vorliegend wurde, so der BGH, die Offenbarungspflicht nicht allein dadurch erfüllt, dass am Freitag vor dem für Montag, 10 Uhr geplanten Singing noch letzte, für den Käufer grundlegend wichtige Unterlagen hochgeladen wurden. Mit einer Kenntnisnahme habe der Verkäufer – so der BGH – nach den Umständen des zu entscheidenden Falls jedenfalls nicht hinreichend sicher rechnen können. 

Aus Sicht des BGH lag damit im Ergebnis eine Schadenersatzpflicht des Verkäufers durch das „Hochladen in letzter Sekunde“ ohne gesonderten Hinweis an den Käufer nahe.

 

Beraterhinweis

Die Grundsätze der Entscheidung sind auf M&A Deals unmittelbar übertragbar. Zur Vermeidung entsprechender Problemstellungen empfiehlt es sich für alle Beteiligten, den offiziellen Datenraum zeitlich hinreichend vor dem eigentlichen Signing, dh. mindestens mehrere Werktage vor der Vertragsunterzeichnung endgültig zu schließen. Wenn danach noch Informationen oder Unterlagen an den Käufer weitergereicht werden sollen, sollte dies aufgrund eines abgestimmten Korrespondenzmechanismus, beispielsweise per E-Mail an den bzw. die Verhandlungsführer erfolgen, damit die Informationen nicht „versteckt“ irgendwo im Datenraum auftauchten, sondern dem Käufer unmittelbar zur Kenntnis gegeben.

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Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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