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Zehnt – der Steuerblog
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Cum-Ex, Cum-Cum, Verrechnungspreise – erneute Erweiterung des steuerstrafrechtlichen Rahmens durch das „AbzStEntl-ModG“
Mit dem geplanten Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung von Kapitalertragsteuern („AbzStEntl-ModG“, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2020-11-20-AbzStEntModG/2-Regierungsentwurf.pdf) geht eine weitere Eindämmung steuerlicher Gestaltungen und eine nicht unerhebliche Verschärfung der Verrechnungspreisvorschriften einher.
Erstattung von Kapitalertragsteuer
Die Gestaltungen mit Cum/Ex-, Cum/Cum und Cum/Fake-Geschäften haben nach Ansicht des Gesetzgebers gezeigt, dass am Kapitalmarkt ein erhebliches Potential besteht, über Dividendenarbitragegeschäfte die Besteuerung von Dividendeneinkünften zu umgehen. Dagegen sei nach heutigem Recht nicht feststellbar, wieviel Kapitalertragsteuer je Aktiengattung einbehalten und bescheinigt wurde.
Zur Verhinderung von Betrug insbesondere bei der Erstattung von Kapitalertragsteuer sind nach Ansicht des Gesetzgebers zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um insbesondere gewerbsmäßigen Betrugsmodellen wirksamer zu begegnen. Hierzu soll das Bundeszentralamt für Steuern ergänzende Informationen von den Finanzinstituten erhalten, die mit der Abführung und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer befasst sind.
Die bereits in § 50e EStG geregelte Ordnungswidrigkeit soll im Zuge dessen erheblich erweitert und insbesondere auch auf im Ausland begangene Taten Anwendung finden. Ein Novum.
Nach § 88c AO-E (Informationsaustausch über kapitalmarktbezogene Gestaltungen) haben Finanzbehörden Tatsachen, die sie dienstlich erfahren haben und aus denen sich nach Würdigung der Gesamtumstände Anhaltspunkte für Steuergestaltungen ergeben, die die Erlangung eines Steuervorteils aus der Erhebung oder Entlastung von Kapitalertragsteuer mit erheblicher Bedeutung zum Gegenstand haben, im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Finanzbehörde dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Für die Beurteilung der erheblichen Bedeutung ist insbesondere die Höhe des erlangten Steuervorteils und die Möglichkeit der Nutzung der Gestaltung durch andere Schuldner der Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen.
Verrechnungspreise
Da Verrechnungspreissachverhalte aufgrund der Möglichkeiten zur Verlagerung von Gewinnen Misstrauen hervorriefen und immer noch hervorrufen, sind Verrechnungspreisfragestellungen in verschiedene BEPS-Aktionspunkte der G20/OECD (OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, G20/OECD-BEPS-Projekte) eingegangen, um dem entgegenzuwirken. Den im Zuge des BEPS-Projekts erarbeiteten Empfehlungen der OECD Rechnung soll damit Rechnung getragen werden und die deutschen Vorschriften an internationale Standards angepasst werden. Der Verlagerung von im Inland wirtschaftlich erzielten Einkünften ins Ausland, soll unabhängig von dem dort geltenden Steuersatz bzw. Besteuerungsniveau, (weiter) begegnet werden. Ziel des Gesetzes ist eine stärkere internationale Ausrichtung an den OECD-Verrechnungspreisleitlinien.
Die bisherige Methodenhierarchie bei der Verrechnungspreisermittlung soll abgeschafft werden. Ausgehend von den tatsächlichen Verhältnissen, insbes. anhand der vertraglichen Beziehungen und einer Analyse der im Zusammenhang mit einem Geschäftsvorfall ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und auf eingesetzten Vermögenswerten basierend, soll die „am besten geeignete Verrechnungspreismethode“ Verwendung finden. Bisher war für die strafrechtliche Beurteilung wegen des in dubio pro reo Grundsatzes die für den Beschuldigten günstigste Methode anzuwenden. Hier ist anzunehmen, dass es in der Praxis zum Streit kommen wird, ob die günstigste Methode zugleich auch die beste und mithin richtige Methode im Sinne von § 370 Abs. 1 AO war.
Fazit
Ob die entsprechenden Änderungen noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten, ist fraglich. Es zeigt sich aber deutlich, dass internationale Sachverhalte künftig noch stärker in den Fokus auch der Ermittlungsbehörden rücken. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dies auch in Steuerstrafverfahren mündet.
Bereits die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Betriebsprüfungen immer häufiger auch auf den Bereich der Verrechnungspreise konzentrieren und dabei zum Aufbau einer Drohkulisse zuletzt immer häufiger die Straf- und Bußgeldsachenstellen und sogar noch vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die Staatsanwaltschaften einbezogen wurden (zum Ganzen ausführlich Peters in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2. Aufl. Rz. 11.218ff.).
Auch der Steuerpflichtige sollte sich in derartigen Konstellationen nicht ohne die Rückendeckung eines Steuerstrafverteidigers an den „Verhandlungstisch“ setzen.