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Teilwertabschreibung in grenzüberschreitenden Fällen – Vorsicht vor § 1 AStG

Die jüngere BFH-Rechtsprechung zur Anwendung von § 1 AStG in Teilwertabschreibungsfällen (zuletzt vom 9.6.2021 I R 32/17, DStR 2021, 2624) erreicht zunehmend die Betriebsprüfungen mittelständischer Unternehmen. Nach der neuen Linie des BFH kann die Finanzverwaltung § 1 AStG auch zur Korrektur von Teilwertabschreibungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten heranziehen.

I. Hintergrund
Dem Wortlaut nach erlaubt § 1 AStG den Finanzbehörden eine Einkünftekorrektur beim Steuerpflichtigen, wenn zwischen grenzüberschreitend verbundenen Unternehmen hinsichtlich der „Bedingungen“ einer Geschäftsbeziehung vom Fremdüblichen abgewichen wurde und hierdurch Einkünfte im Inland gemindert wurden. Legte der BFH früher – jedenfalls in DBA-Fällen – den Begriff „Bedingungen“ eng aus, vertritt er nun die denkbar weiteste Auslegung. Sämtliche Parameter einer Geschäftsbeziehung sollen dem Fremdvergleich unterliegen. Im Konkreten erfasst der BFH nun zB auch die fehlende Besicherung von Darlehen als „Bedingung“ im Sinne des § 1 AStG. Die Folge: Ein fremdunüblich nicht oder nur unzureichend besichertes Darlehen kann tatbestandlich in den Anwendungsbereich von § 1 AStG fallen. Fällt dieses Darlehen aus und wird im Inland eine Teilwertabschreibung vorgenommen, soll auch die erforderliche Einkünfteminderung gegeben sein. Zur Korrektur wird die gesamte Teilwertabschreibung nach § 1 AStG außerbilanziell dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

II. Folgen
Diese Rechtsprechung bringt weitreichende Folgen mit sich. Künftig droht auch bei stehengelassenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen die vollständige Korrektur einer Teilwertabschreibung – selbst bei unstreitiger Wertlosigkeit der Forderungen. 
Bei der Begründung und Geltendmachung von Forderungen mit verbundenen Unternehmen ist daher noch stärker auf eine fremdübliche Handhabung zu achten. Das gilt insbesondere für die Vereinbarung eines fremdüblichen Zinssatzes, einer fremdüblichen Besicherung sowie der fremdüblichen Art und Weise der Geltendmachung solcher Forderungen.

III. Argumentationshilfen für den Steuerstreit
In der Abwehrberatung sollten die Konkurrenzen zwischen § 1 AStG und § 3c Abs. 2 Satz 2 ff. EStG bzw. § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG beachtet werden. Zwar hält die Finanzverwaltung § 1 AStG neben den genannten Normen wohl für uneingeschränkt anwendbar. Eine sorgsame Abgrenzung lohnt dennoch, denn die Beweislast stellt sich unterschiedlich dar. Im Rahmen des § 3c Abs. 2 Satz 2 ff. EStG bzw. des § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG ist es der Steuerpflichtige, der den Entlastungsbeweis zu führen hat. Bei § 1 AStG liegt die Beweislast jedoch vollständig bei der Finanzverwaltung (zuletzt BFH vom 18.5.2021 I R 62/17, BFH/NV 2021, 1601). 
Ferner sollte das Urteil des BVerfG vom 4.3.2021 (2BvR 1161/19, DStR 2021, 777) beachtet werden, wonach kein Rechtssatz besteht, dass Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen stets zu besichern sind. Vielmehr sind entsprechende Feststellungen im Einzelfall erforderlich. 
Zudem kann eine bloße Zinskorrektur Vorrang vor einer Totalkorrektur einer Teilwertabschreibung haben. Das ist der Fall, wenn bereits eine Zinskorrektur genügt, um ein Darlehen in den Bereich des fremdüblichen zurückzuführen (BFH vom 9.6.2021 I R 32/17, DStR 2021, 2624).

IV. Ausblick
Die Entwicklung dieser Rechtsprechung des BFH ist noch nicht abgeschlossen. Einige der maßgeblichen Urteile wurden wegen mangelnder Feststellungen zum Sachverhalt in die erste Instanz zurückverwiesen. Auch zur Feststellungslast verbleiben offene Fragen, die die Finanzgerichte in den nächsten Jahren noch beschäftigen werden. Bis dahin sollten Steuerpflichtige und Berater bei grenzüberschreitenden Forderungen Vorsicht walten lassen.

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater
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Nils Etzig
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Rechtsreferendar