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Schlussabrechnung von Corona-Soforthilfen: Hat der Steuerberater eine Geldwäscheverdachtsmeldepflicht, wenn er die Unrechtmäßigkeit der Hilfszahlung kennt?

Aktueller Anlass: Die L-Bank in Baden-Württemberg schreibt seit Mitte Oktober 2021 die Antragsteller von Corona-Soforthilfe an mit der Bitte, weitere Informationen zu den Anträgen über eine Online-Anwendung zur Verfügung zu stellen. Die Nachfragen dienen gewissermaßen der Schlussabrechnung und damit der abschließenden Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zahlungen. Nicht selten leiten Mandanten den Fragebogen an ihren Steuerberater mit der Bitte weiter, hierbei behilflich zu sein. Vergleichbare Verfahren gibt es auch in anderen Bundesländern.

Angenommen, der Mandant hat bei der Beantragung einer Corona-Soforthilfe im Frühjahr 2020 bewusst falsche oder unvollständige Angaben gemacht, liegt dessen Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs iSd. § 264 StGB nahe. Weiß der Berater von dem unrichtigen Antrag und der infolgedessen deliktisch erlangten Subvention bzw. erfährt er dies nachträglich beispielsweise im Rahmen der Schlussabrechnung, stellt sich die Frage, ob dieser Umstand zu einer Geldwäscheverdachtsanzeigepflicht des Steuerberaters führt. 

Im Ausgangspunkt bestimmt das Geldwäschegesetz für die Verpflichteten eine Pflicht zur unverzüglichen Abgabe einer Geldwäscheverdachtsmeldung an die Financial Intelligence Unit (FIU), sobald nur Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG). Hinweis: Auch der einfache Fall des Subventionsbetrugs stellt seit dem 18.3.2021 eine Vortat der Geldwäsche iSd. § 261 StGB dar. Das Geldwäschegesetz verwendet insoweit einen Maßstab, der sehr geringe Anforderungen an die Konkretisierung der „Verdachtslage“ stellt. 

Abweichend von jenen allgemeinen Meldepflichtgrundsätzen sind Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 und 12 GwG (also ua. Steuerberater) nicht zur Meldung verpflichtet, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die sie im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten haben (§ 43 Abs. 2 Satz 1 GwG). In diesen Fällen ist der Verpflichtete nur dann zu einer Meldung an die FIU verpflichtet, wenn er positiv weiß, dass der Mandant die Rechtsberatung und Prozessvertretung für Zwecke der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat nutzt oder genutzt hat (§ 43 Abs. 2 Satz 2 GwG).  

Ist eine Beratung zu Coronahilfen eine für den Steuerberater privilegierte Tätigkeit? Unseres Erachtens ist dies zu bejahen. Denn sie geht mit steuerlicher Beratung, die nach allgemeinem Verständnis als Rechtsberatung in diesem Sinne qualifiziert wird, in der Regel einher. Unabhängig hiervon spricht auch die durch das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.6.2021 (BGBl. I 2021, 2154) erfolgte Einfügung von § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3a VwGO für das Vorliegen einer rechtsberatenden Tätigkeit. Denn danach wird ua. Steuerberatern in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie eine Vertretungsbefugnis vor den Verwaltungsgerichten zuerkannt, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen. Selbst wenn der Steuerberater bei den Soforthilfen (noch) nicht als sog. prüfender Dritter tätig wurde, deutet die herausgehobene Stellung des Beraters im Kontext der Coronahilfen auf eine „rechtsberatende“ Tätigkeit. 

Spätere Kenntnis des Beraters, auch betreffend eine mögliche Strafbarkeit des Mandanten, führt übrigens nicht dazu, dass die Information ihr Privileg verliert. 

Für eine Geldwäscheverdachtsmitteilung wäre daher zusätzlich erforderlich, dass der Mandant das Mandat für Zwecke der Geldwäsche nutzt oder genutzt hat. Hierfür bestehen jedoch im aufgeworfenen Sachverhalt abstrakt keine Anhaltspunkte. Denn die bloße Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Antrags oder das bloße ordnungsgemäße Verbuchen von zu Unrecht erlangten Corona-Soforthilfen ist keine Geldwäschehandlung iSd. § 261 Abs. 1 GwG und auch kein Förderungsbeitrag hierzu.

Eine Verpflichtung zur Geldwäscheverdachtsmitteilung besteht für den Steuerberater in dieser Konstellation daher uE nicht.

Aber Vorsicht: In dem Moment, in dem der Mandant über das Geld verfügt und der Steuerberater hierzu einen Beitrag leistet, zB durch Annahme von Honorar, schließt sich eine Vielzahl ungelöster Rechtsprobleme rund um die Geldwäsche an. Diese hängen im Wesentlichen damit zusammen, dass der BGH in einer Entscheidung vom 20.5.2015 (1 StR 33/15) zur alten Fassung des § 261 StGB entschieden hat, dass bemakeltes „Giralgeld“ oberhalb einer Bagatellschwelle legales Vermögen infiziert und damit insgesamt als aus einer Geldwäschevortat „herrührend“ gilt. Nach Änderung des Straftatbestands zum 18.3.2021 dürfte diese Rechtsprechung nicht mehr haltbar sein. Dies bleibt abzuwarten und führt in der Zwischenzeit zu einer unbefriedigenden Rechtsunsicherheit.

Dr. Peter Talaska
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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