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Neuigkeiten des BFH zur Verlustverrechnung im Rahmen des § 20 EStG

Nach der grundlegenden Anerkennung von privaten Forderungsausfällen als steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die Rechtsprechung (BFH vom 24.10.2017 VIII R 13/15, BStBl. II 2020, 831), stellen sich für die Besteuerungspraxis zahlreiche Fragen zum Umfang und Zeitpunkt der steuerlichen Verlustverrechnung im Privatbereich. Auch der Gesetzgeber bleibt nicht untätig und versucht, die von der Rechtsprechung aufgezeigte, aber aus fiskalischer Sicht unliebsame Verlustverrechnung weiterhin einzuschränken.

Der BFH hat in zwei jüngst veröffentlichten Judikaten wieder wegweisende Entscheidungen zu diesem Komplex getroffen: 

Im Urteil vom 27.10.2020 (Az.: IX R 5/20) hat sich der BFH insbesondere mit der Frage beschäftigt, zu welchem Zeitpunkt eine private Darlehensforderung bei einer insolvenzfreien Auflösung der Kapitalgesellschaft als endgültig ausgefallen anzusehen ist. Grundlegend sei dies erst bei Abschluss von deren Liquidation der Fall. Der Ausfall kann aber auch schon zu einem früheren Zeitpunkt feststehen, wenn bei objektiver Betrachtung nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen sei. Im Entscheidungsfall konnte der Kläger einen entsprechenden Nachweis durch eine Bestätigung des Liquidators der das Darlehen schuldenden GmbH und dem Verweis auf deren Vermögenslosigkeit erbringen.

Mit Beschluss vom 17.11.2020 (Az.: VIII R 11/18) hat der BFH die Verlustverrechungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste nach § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG für verfassungswidrig befunden und dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Die Norm sieht vor, dass entsprechende Verluste nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Liegen entsprechende Gewinne nicht vor, ist eine Verrechnung erst in späteren Jahren möglich. Die Bildung solcher gesonderten Verlusttöpfe (sog. Schedulenbesteuerung) hat der Gesetzgeber im Rahmen des § 20 Abs. 6 EStG ua. auch für Forderungsausfälle eingeführt und die jährliche Verlustverrechnung zudem der Höhe nach (derzeit € 20.000,--) beschränkt. Die vom BVerfG nun zutreffende Entscheidung dürfte daher auch Signalwirkung für die übrigen Verlustverrechnungsbeschränkungen im Rahmen des § 20 Abs. 6 EStG haben. 

Beraterhinweis: Der Zeitpunkt des endgültigen Forderungsausfalls wird weiterhin streit- und haftungsträchtig bleiben. Es empfiehlt sich, entsprechende Verluste möglichst früh geltend zu machen, aber zugleich darauf zu achten, dass die nachfolgenden Veranlagungszeiträume bis zur vollumfänglichen Anerkennung der Verluste nicht bestandskräftig werden. Die Beschränkungen der Verlusterrechnung gelten nur im Bereich der Abgeltungsteuer. Soweit auf Kapitaleinkünfte gemäß § 32d Abs. 2 EStG der Regeltarif anzuwenden ist, können auch schon nach aktueller Rechtslage Verluste grundsätzlich unbeschränkt mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden. 
 

Marc Nürnberger
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate