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Neue "Big Brother"-Entscheidung des BFH: Keine USt auf Preisgelder aus TV-Shows

Nach der ersten „Big Brother“-Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2012 haben die Kandidaten und Gewinner (Teilnehmer) einer Fernsehshow nach dem Format wie bei „Big Brother“ die Preisgelder („Projektgewinne“) als Einkommen zu versteuern (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2012 IX R 6/10, BStBl. II 2012, 581; mehr hierzu BINNEWIES, DStR 2012, 1586). Daran hat sich nichts geändert. In seiner zweiten, jüngst veröffentlichten „Big Brother“-Entscheidung des BFH ging es nunmehr um die Frage, ob diese Preisgelder der Umsatzsteuer unterliegen. Dies hat der BFH verneint (vgl. BFH-Beschluss vom 25.7.2018 XI B 103/17, nv. (juris)). Im Einzelnen:

  1. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann - umsatzsteuerlich - nicht davon ausgegangen werden, dass für die (bloße) Teilnahme an einem Wettbewerb eine tatsächliche Gegenleistung erbracht wird, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten (vgl. EuGH-Urteil vom 10.11.2016 C-432/15 „Bastova“, UR 2016, 913).
  2. Daraus schließt der BFH: Die Teilnahme an einer Fernsehshow ist nicht umsatzsteuerbar, wenn dem Teilnehmer der Show lediglich eine Chance auf einen Projektgewinn und eine Aufwandspauschale gewährt wird und der Gewinner der Show durch Ausscheidungsspiele ermittelt wird, auch wenn der Teilnehmer Verwertungsrechte an Bild- und Tonmaterial überträgt (vgl. BFH-Beschluss vom 25.7.2018 XI B 103/17). Mit diesem Beschluss hat der BFH das Urteil der Vorinstanz (FG Münster vom 12.9.2017 15 K 2665/14 U, nv.) bestätigt, dass solche Entgelte keine Umsatzsteuer auslösen.
  3. Diese BFH-Entscheidung steht in einer Reihe mit weiteren BFH-Urteilen aus jüngerer Vergangenheit, wonach platzierungsabhängige Preisgelder oder Spielgewinne aus Pokerspielen und Rennpferdturnieren nicht umsatzsteuerbar sind (vgl. BFH vom 30.8.2017 XI R 37/14, DStR 2017, 2330; vom 2.8.2018 V R 21/16, DStR 2018, 2628).
  4. Die obigen Entscheidungen des EuGH und BFH haben generell Bedeutung für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit von ähnlichen Tätigkeiten, die mit ungewissen Entgelterwartungen ausgeübt werden, wie zum Beispiel Preisgelder für Tennis- und Golfspieler, für Teilnehmer an Schönheitswettbewerben, Rad- und Motorsportrennen, Kultur- und Architektenwettbewerben sowie sog. Cash-Games. Die Abgrenzung, wann Entgelte aus dieser Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig oder als - Preisgeld - nicht umsatzsteuerbar sind, ist im Einzelnen noch nicht abschließend geklärt. Die Rechtsprechung ist hierzu im Fluss. Es sind aktuell weitere Gerichtsverfahren auch beim BFH anhängig. Die bisherige Praxis der Finanzverwaltung weicht von den obigen Entscheidungen des EuGH und BFH ab. Etwaige Umsatzsteuerbescheide sind daher auch in den Fällen anzufechten, bei denen der Teilnehmer ein Start- oder Antrittsgeld erhält.
Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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