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Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft

Gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird bei Unternehmen, die - neben den explizit erlaubten, aber nicht begünstigten Tätigkeiten - ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen (begünstigte Tätigkeit) der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) um den Teil gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Mittels der erweiterten Gewerbesteuerkürzung lässt sich so eine vollständige Gewerbesteuerentlastung erreichen.

Dabei war bislang streitig, ob die Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft der erweiterten Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entgegensteht. Fraglich war dabei insbesondere, ob trotz der Beteiligung „ausschließlich eigener Grundbesitz“ verwaltet und genutzt wird.

Der I. Senat des BFH (vom 19.10.2010 I R 67/09, BStBl. II 2011, 367) ist der Ansicht, dass die erweiterte Kürzung bei der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nicht zu gewähren ist. Er legte den Begriff „eigener Grundbesitz“ dabei zivilrechtlich aus. Der IV. Senat des BFH (vom 21.7.2016 IV R 26/14, BStBl. II 2017, 202) vertritt dagegen die Auffassung, dass die Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft die erweiterte Kürzung nicht generell ausschließt. Er bestimmt den Begriff „eigener Grundbesitz“ nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

Der Große Senat des BFH hat mit seinem Beschluss vom 25.9.2018 (GrS 2/16, FR 2019, 437 m. Anm. NÖCKER; CREMERS) die ertragsteuerrechtliche Betrachtungsweise des IV. Senats bestätigt: Nach Maßgabe der durch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO angeordneten Bruchteilsbetrachtung liegt im Umfang des Anteils an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft ein eigenes Wirtschaftsgut, also „eigener Grundbesitz“ im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vor. Diesen (gedachten) Miteigentumsanteil verwaltet und nutzt der Gesellschafter auch „ausschließlich“.

Praxishinweis: Der überzeugende Beschluss des Großen Senats schafft Rechtssicherheit im Rahmen von doppelstöckigen Beteiligungsketten: Gewerblich geprägte Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften können als Gesellschafterinnen - vorbehaltlich der Erfüllung aller weiteren Voraussetzungen - die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann beanspruchen, wenn sie an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft („Zebragesellschaft“) beteiligt sind. Die Beteiligung als solche ist jedenfalls nicht kürzungsschädlich.

Achtung: Die Beteiligung an einer gewerblich geprägten oder originär gewerblich tätigen Personengesellschaft verstößt hingegen gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Die erweiterte Kürzung ist in dieser Fallkonstellation ausgeschlossen (vgl. ua. BFH vom 22.1.1992 I R 61/90, BStBl. II 1992, 628; vom 17.10.2002 I R 24/01, BStBl. II 2003, 355; vom 2.2.2001 VIII B 56/00, BFH/NV 2001, 817). Stattdessen kommt bei der Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) unter Umständen eine Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG in Betracht. Im Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung, insbesondere im Rahmen der „Ausschließlichkeit“, lauern daher auch weiterhin Fallstricke, die zu berücksichtigen sind.

Weiterführende Literatur: CREMERS, Anmerkung zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.9.2018 GrS 2/16, FR 2019, 443 - 445.