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EU verabschiedet DAC 8 – Grenzüberschreitender Informationsaustausch bei Kryptogeschäften ab Januar 2026

Am 17.10.2023 hat der Rat der Europäischen Union die DAC 8-Richtlinie angenommen und damit den Weg für den automatischen zwischenstaatlichen Informationsaustausch bei Kryptowerten geebnet (Pressemitteilung vom 17.10.2023). Das BMF hat jüngst bekräftigt, an der Umsetzung aktiv mitzuwirken (Erklärung vom 10.11.2023). 

Worauf sich Anleger und Betreiber von Krypto-Börsen zukünftig einstellen müssen, beleuchten wir in diesem Newsletter.  
 
I. Hintergrund 
Der Handel mit Kryptowerten ist längst keine Nische technikaffiner Spezialisten mehr. Viele Steuerpflichtige sind mittlerweile auf den Zug aufgesprungen. Dass sich die Finanzverwaltung Einnahmen aus Kryptogeschäften als Steuerquelle erschließen möchte, zeigt nicht nur das Auskunftsersuchen bei bitcoin.de. Auch in anderen Ländern haben Steuerbehörden Ermittlungen aufgenommen (BTC-Echo vom 21.1.2019).  

II. Problemaufriss
Für den Fiskus stellen sich hier zwei Probleme: 

•    Viele Krypto-Börsen befinden sich im Ausland. Ein unmittelbarer Zugriff auf die Daten ist nicht ohne Weiteres möglich. Auskunftsersuchen ins Blaue hinein sind nicht zulässig. 

•    Ein automatischer Informationsaustausch findet (bislang) nicht statt. Kryptowerte fallen nicht in den Anwendungsbereich des Common Reporting Standards (CRS). Der CRS wurde 2014 von der OECD als einheitlicher Melderahmen eingeführt und auf EU-Ebene durch die DAC 2-Richtlinie umgesetzt (Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9.12.2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl. 2014, L 359/1). Deutschland setzte die Richtlinie durch das Finanzkonteninformationsaustauschgesetz (FKAustG) um (BGBl. 2015 I 2531). Das FKAustG gilt nur für herkömmliche Finanzanlagen und Fiatwährungen, die über Konten bei Finanzinstituten gehalten werden (hierzu BMF vom 1.2.2017 IV B 6 – S 1315/13/10021 :044, BStBl. I 2017, 305). Bei Kryptowerten handelt es sich jedoch nicht um Geld oder eine Währung im technischen Sinne. Auch sind Anbieter von Krypto-Dienstleistungen in der Regel keine Finanzinstitute.     

III. Crypto-Asset Reporting Framework  (CARF)  
Um diese Informationslücken zu schließen, haben die G20-Staaten die OECD im Februar 2022 beauftragt, ein Rahmenwerk für den automatischen Austausch von Informationen von Kryptowerten zu erarbeiten (Abschlusskommuniqué vom 17./18.2.2022, Ziff. 4, Seite 2).  

Am 22.3.2022 veröffentlichte die OECD mit dem Crypto-Asset Reporting Framework („CARF“) einen eigenständigen Rahmen für den automatischen Informationsaustausch bei Kryptogeschäften (hierzu Binnewies/Görlich, AG 2023, 692 f.). Im Oktober 2022 lag die finale Version vor.

IV. Erweiterung der Directive on Administration Cooperation (DAC 8) 
Flankierend dazu veröffentlichte die EU-Kommission am 8.12.2022 einen Vorschlag zur Änderung der Amtshilferichtlinie (2011/16/EU). Der Vorschlag steht im Kontext einer Reihe von Maßnahmen zur Regulierung der Blockchain-Industrie, die am 24.9.2020 als Digital Finance Package vorgestellt wurde. Teil des Pakets ist die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation, MiCAR, VO (EU) 2023/1114 vom 31.5.2023, ABl. L 150/40). Die Verordnung ist auch für den Richtlinien-Vorschlag relevant, da bezüglich wichtiger Begriffe auf die MiCAR verwiesen wird, zB zur Definition von Kyrptowerten und Anbietern von Kryptowert-Dienstleistungen.         
 
Der Vorschlag weitete den automatischen Informationsaustausch auf Informationen aus, die von Anbietern von Krypto-Dienstleistungen an die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten zu übermitteln sind. Der Richtlinien-Vorschlag beruht größtenteils auf dem Melderahmen des CARF.  

Am 16.5.2023 verständigte sich der Ministerrat (ECOFIN) auf eine abgeänderte Fassung. Im Unterschied zum Kommissions-Entwurf enthielt die geänderte Fassung keine Mindestsanktionen bei Verstößen gegen die Meldepflichten mehr. Auch der Meldezeitpunkt wurde angepasst. Während der Kommissionsentwurf eine Meldung bis 31.1. des Jahres vorsah, das auf das Kalenderjahr der meldepflichtigen Transaktion folgt, sind die Meldungen nunmehr jährlich im Folgejahr, auf das sich die Informationen beziehen, abzugeben. Im September 2023 stimmte das EU-Parlament dem abgeänderten Entwurf zu, im Oktober 2023 schließlich verabschiedete der Rat die Richtlinie.   

V. Ablauf 
Wie beim CRS vollzieht sich der Informationsaustausch in drei Schritten:

•    Im ersten Schritt erhebt und überprüft der meldende Anbieter von Krypto-Dienstleistungen im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht die in der Richtlinie festgelegten meldepflichtigen Informationen über den Nutzer der Kryptowert-Dienstleistung.  
•    Im zweiten Schritt übermittelt der meldende Anbieter von Krypto-Dienstleistungen die Informationen an die jeweils zuständigen Behörde. 
•    Im dritten Schritt übermittelt die zuständige Behörde die Daten an die zuständige Behörde des Mitgliedsstaates, in dem der Kryptowert-Nutzer ansässig ist.   

VI. Meldepflichten 
1. Wer ist zur Meldung verpflichtet? 
Meldepflichtig sind Anbieter von Krypto-Dienstleistungen und Kryptowert-Betreiber. 

Anbieter von Krypto-Dienstleistungen sind juristische Personen und Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU, die beruflich oder gewerblich Kryptowert-Dienstleistungen gegenüber ihren Kunden erbringen. Mit der Erstreckung der Richtlinie auf Kryptowert-Betreiber, werden auch Dienstleister erfasst, die nicht in der EU ansässig sind.   

Zu den Kryptowert-Dienstleistungen zählen beispielhaft ua. die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden, der Betrieb einer Handelsplattform oder die Durchführung von Krypto-Transaktionen. 

2. Welche Kryptowerte sind meldepflichtig? 
Meldepflichtig sind Kryptowerte, die keine digitalen Zentralbankwährungen sind. 

Kryptowerte sind digitale Darstellungen eines Wertes oder eines Rechts, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) oder einer ähnlichen Technologie – das sind auf Konsensmechanismen basierende Informationsspeicher, die Aufzeichnungen über Transaktionen beinhalten – elektronisch übertragen und gespeichert werden können. 

Diese Definition schließt den Großteil der handelbaren Coins bzw. Currency Token wie Bitcoin (BTC) und Ether (ETH) ein, aber auch dezentral ausgegebene Stablecoins und bestimmte Non-Fungible Token (NFT).    

Nicht erfasst sind digitale Zentralbankwährungen, also auch „echte“ Stablecoins, die an eine Fiatwährung angebunden sind. 

3. Welche Transaktionen sind meldepflichtig? 
Meldepflichtig sind Wechselgeschäfte und jegliche Übertragung von meldepflichtigen Kryptowerten.  

Zu den Wechselgeschäften zählen der Tausch zwischen meldepflichtigen Kryptowerten und Fiatwährungen bzw. der Tausch zwischen einem oder mehreren meldepflichtigen Kryptowerten – also alles, was man umgangssprachlich als Trading bezeichnet. 

Übertragung meldepflichtiger Kryptowerte bedeutet jede Transaktion, durch die ein meldepflichtiger Kryptowert von oder auf die Kryptowert-Adresse bzw. das Konto eines Kryptowert-Nutzers bewegt wird. Damit unterliegen auch Airdrops, Staking und Lending der Meldepflicht.   

4. Welche Transaktionsdaten werden gemeldet? 
Meldepflichtig ist stets die Art des Kryptowerts und die Zahl der meldepflichtigen Transaktionen.   

Beim Tausch von Fiatwährung gegen Kryptowerte (zB EUR  BTC) ist der Gesamtbruttobetrag und die Gesamtzahl der Einheiten zu melden. Im umgekehrten Fall (zB BTC  EUR) tritt an die Stelle der Gesamtzahl der Einheiten die aggregierte Zahl der Einheiten.  

Beim Tausch von Kryptowerten gegeneinander (zB BTC ↔ ETH) ist der aggregierte Marktwert und die Gesamtzahl der Einheiten zu melden. 

Bei Übertragungen (zB Airdops, Staking, Lending) sind ebenfalls der aggregierte Marktwert und die Gesamtzahl der Einheiten zu melden. 

5. Welche Nutzerdaten sind meldepflichtig? 
Meldepflichtig sind Name, Anschrift, Geburtsdatum und -ort sowie Steueridentifikationsnummer des Nutzers. 

Anbieter von Krypto-Dienstleistungen sind verpflichtet, diese Daten bei den Nutzern zu erheben. 

6. Wann werden die Informationen ausgetauscht? 
Die Informationen werden jährlich in dem Kalenderjahr gemeldet, das auf das Jahr folgt, auf das sich die Informationen beziehen. Die ersten Informationen werden ab Januar 2026 gemeldet.  

7. Wann beginnt der automatische Informationsaustausch? 
Die Richtlinie ist bis spätestens 31.12.2025 in nationales Recht umzusetzen.  

VII. Auswirkungen des automatischen Informationsaustauschs 
Die Finanzverwaltung kann anhand der übermittelten Daten überprüfen, ob in den betroffenen Veranlagungszeiträumen Einkünfte aus Kryptogeschäften steuerlich erklärt worden sind. Fehlen Angaben in den Steuererklärungen, kann dies zu Rückfragen des Finanzamts und zur Einleitung von Steuerstrafverfahren führen.  

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung auch zukünftig an ihrer bisherigen Praxis der sog. Goldene-Brücke-Schreiben festhält. Vereinzelt sind bereits jetzt Fälle bekannt, in denen nach Erhalt von Daten aus Auskunftsersuchen gleich Steuerstrafverfahren gegen die Betroffenen eingeleitet wurden. Da mit Kryptowerten mitunter sehr hohe steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden können, drohen hier empfindliche Geld- oder sogar Freiheitsstrafen. 

Steuerpflichtige, die auf ausländischen Krypto-Börsen aktiv waren und ihre Einkünfte daraus bislang nicht offengelegt haben, sollten die Einreichung einer strafbefreienden Selbstanzeige in Betracht ziehen. Sobald die Tat entdeckt oder ein Steuerstrafverfahren eingeleitet ist, ist es hierfür zu spät. 

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, hilft Ihnen unser Team Krypto und Steuern gerne weiter: krypto@streck.net.

Michael Görlich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Counsel
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