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BFH stärkt die Anerkennung von (Grundstücks-) Kettenschenkung zur schenkungsteuerlichen Optimierung - BFH vom 28.7.2022 II B 37/21
Der BFH bestätigt gegen die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts, dass die einer Kettenschenkung zugrundeliegenden beiden Verträge in einer Urkunde oder in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen werden können. Im Ausgangsurteil des FG Rheinland-Pfalz vom 17.12.2020 4 K 1417/19 schenkte der Schwiegervater ein Grundstück an seine Tochter, die in demselben Vertrag den hälftigen Miteigentumsanteil auf ihren Mann (den Schwiegersohn) übertrug. Der Beschluss des BFH vom 17.12.2022 gibt einen neuen Impuls, vermehrt von den Kettenschenkungen Gebrauch zu machen.
1. Kettenschenkungen sind Zuwendungen, die nicht direkt vom Zuwendenden an den endgültigen Zuwendungsempfänger erfolgen, sondern über eine – in Ausnahmefällen auch mehrere - Zwischenpersonen. Aus Sicht des Schenkungsteuerrechts (§ 7 ErbStG) lassen sich grundsätzlich zwei Szenarien unterscheiden:
Erstes Szenarium: Bei der Schenkung unter Auflage wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen, jedoch mit der Verpflichtung, den soeben erworbenen Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu übertragen. Dann ist der Auflagenbegünstigte Beschenkter, und zwar im Verhältnis zum ursprünglichen Schenker. Gleiches gilt, wenn die Schenkung unter der aufschiebenden Bedingung der Zuwendung an einen Dritten erfolgt und der zunächst Bedachte diese Bedingung erfüllt; auch hier ist für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung des Erwerbs des Dritten dessen Verhältnis zum ursprünglichen Schenker maßgeblich. So verhält es sich schließlich auch, wenn der Zwischenbeschenkte von dem Schenker auf andere Weise dazu verpflichtet wurde, das Erhaltene (teilweise) unentgeltlich an einen Dritten weiterzugeben; es liegt keine Bereicherung des Zwischenbeschenkten aus dem Vermögen des Schenkers, der Dritte wird auch hier nach seinem Verhältnis zum Schenker besteuert.
Zweites Szenarium: In der Praxis soll häufig gerade keine Schenkung unter Auflage, Bedingung oder sonstiger Verpflichtung vereinbart werden. Denn Ziel ist es regelmäßig, durch Zuwendungen an eine dritte Person, die den Gegenstand an den Begünstigten weitergibt, schenkungsteuerlich zwei Schenkungsvorgänge zu schaffen, die beide durch die persönlichen Freibeträge (§ 16 ErbStG) und/oder in günstigere Steuerklassen (§ 19 ErbStG) entlastet werden.
Die Abgrenzung der zwei Szenarien, also zwischen zwei aufeinanderfolgenden Schenkungen (Kettenschenkung) und einer Schenkung unter Weitergabeverpflichtung, ist von entscheidender Bedeutung. Es kommt darauf an, wer jeweils Zuwendender und Bereicherter ist. Die zwischengeschaltete Dritte eine eigene Rechtsposition erlangt. Für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten ist darauf abzustellen, ob die weitergebende Person (= Durchgangsperson) eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstandes hat Vgl. BFH vom 17.2.1993 II R 72/90, DStR 2005, 864; vom 10.3.2005 II R 54/03, BStBl. II 2005, 412; vom 18.7.2013 II R 37/11, BStBl. II 2013, 934). Diese Grundsätze bestätigt der BFH in seinem Beschluss vom 28.7.2022.
2. Der Praktiker steht regelmäßig vor der Frage, ob Kettenschenkungen in einer Urkunde, in mehreren Urkunden oder darüber hinaus zeitlich gestreckt vorgenommen werden sollen. Oftmals wird dazu geraten, zwischen den Schenkungen eine gewisse „Schamfrist“ verstreichen zu lassen (vgl. die Nachweise bei KAMPS, ErbR 2020, 23, 25 f). Der neue Beschluss vom 17.12.2022 bestätigt in Übereinstimmung mit dem Urteil des BFH vom 18.7.2013 (II R 37/11, BStBl. II 2013, 934) und dem Urteil des FG Hamburg vom 20.8.2019 (3 K 123/18, ZEV 2019, 735), dass eine solche Schamfrist nicht notwendig Voraussetzung der Anerkennung der Kettenschenkung ist. Gleichwohl bietet die Schamfrist eine hohe Wahrscheinlichkeit, Streit mit dem Finanzamt zu vermeiden.
3. Es gilt: Bei einer Zusammenfassung beider Verträge in einer Urkunde oder in unmittelbar aufeinanderfolgenden Urkunden erlangt der zuerst Bedachte regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit, es sei denn, aus dem Vertrag oder den Umständen ergebe sich eindeutig etwas anderes. Hierbei handele es sich um eine Entscheidung im Einzelfall und eine Tatsachenwürdigung des Finanzgerichts. Der BFH stellt nun im Beschluss vom 28.7.2022 klar, dass der Maßstab „eindeutig“ sich nur auf die Dispositionsbefugnis bezieht und nicht auf die vorgelagerte Frage, ob bereits zivilrechtlich von einer unmittelbaren Schenkung, hier des Schwiegervaters an den Schwiegersohn, auszugehen sei.
4.Das Finanzamt, das die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hatte, machte einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO nicht geltend. Ein solcher wurde auch von dem bereits oben zitierten Urteil des FG Hamburg vom 28.8.2019 (ausführlich hierzu und mit Anmerkungen KAMPS, ErbR 2019, 2020, 23 ff.) verneint.