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BFH: Neues zur Anerkennung stiller Unterbeteiligungen an GmbH-Anteilen

Mit Urteil vom 23. November 2022 (I R 36/19) hat der BFH nochmals die bestehenden Anforderungen an die steuerliche Anerkennung einer stillen Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen skizziert: 

Das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Geschäftsanteilen wird dem Unterbeteiligten zugerechnet (§ 39 Abs. 2 AO), wenn er durch den Unterbeteiligungsvertrag in die Lage versetzt wird, alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte auszuüben. Kumulativ erforderlich ist es, dass der Unterbeteiligte 

  • Gewinnbezugsrecht (§ 29 GmbHG), 
  • die Teilhabe am Risiko der Wertminderung und der Chance auf Wertsteigerung der Anteile (Vermögensrechte) und
  • die aus der Beteiligung sich ergebenden Verwaltungsrechte - damit insbesondere für die Stimmrechte (§ 47 GmbHG)

rechtlich wirksam und effektiv durchsetzen kann. 

Demgemäß ist nach Ansicht des BFH die Frage, ob der an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligte iSv. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO die Stellung eines wirtschaftlichen Mitinhabers erlangt hat, nicht nach der in der kautelarjuristischen Praxis gängigen und in ihrem Bedeutungsgehalt variierenden Unterscheidung zwischen "typischer" und "atypischer" Unterbeteiligung zu beantworten. Maßgeblich ist vielmehr einzig und allein, ob die im jeweiligen Einzelfall getroffene Abrede – ungeachtet ihrer Bezeichnung – nach Inhalt und Vollzug den vorstehend genannten Zurechnungskriterien genügt.

Im Streitfall war dies nach den Feststellungen des Gerichts nicht der Fall. In dem zu entscheidenden Sachverhalt wurde um die steuerliche Anerkennung einer mehrstufig vermittelten Unter-Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen gestritten. Mit Blick auf das Stimmrecht war zugunsten des Haupt-Unterbeteiligten gegenüber dem letzten Unterbeteiligten in der Kette geregelt: 

„Die Gesellschafterin [Haupt-Unterbeteiligter] verwaltet die Beteiligung nach eigenem freiem Ermessen. Soweit sie jedoch über Geschäftsanteile an Tochter- und Enkelgesellschaften der [H GmbH] verfügt, bedarf dies der Zustimmung der [Unter-]Unterbeteiligten. Dies gilt auch für Verfügungen über Geschäftsanteile der [H GmbH] selbst und für deren Auflösung.“

Die Gesellschafterin unterlag daher – so die Gerichte – keinen hinreichenden Einschränkungen in der Verwaltung der Beteiligung und damit auch in der Stimmrechtsausübung. Dadurch sei es der Unterbeteiligten verwehrt, ihr Stimmrecht effektiv in Bezug auf die von der Unterbeteiligung betroffenen Anteile durchzusetzen.

Beraterhinweis: Anders als die Nießbrauchsbestellung an einem GmbH-Anteil, die mit Blick auf § 15 GmbHG der notariellen Beurkundung bedarf, ist die Einräumung einer Unterbeteiligung allein schuldrechtliche Abrede und damit an keine besondere gesetzliche Form geknüpft. Es empfiehlt sich zu Beweiszwecken die Schriftform. Die Unterbeteiligung kann sich, anders als der Nießbrauch, auch über Vinkulierungsklauseln in der Satzung hinwegsetzen. Selbst wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Übertragung oder Belastung von Anteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, können Unterbeteiligungen auch ohne Zustimmung wirksam eingeräumt werden. Damit kommt die Unterbeteiligung als Gestaltungsmittel bspw. für Gesellschaftergruppen infrage, die sich mit entgegengesetzten Interessen, gegebenenfalls streitig gegenüberstehen, und bei denen die Zustimmung zur Einräumung einer Unterbeteiligung durch die Gesellschafterversammlung nicht zu erwarten ist.

Entscheidung Detail | Bundesfinanzhof
 

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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