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BFH-Aktuell: Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Sponsoringleistungen

Der BFH hat in einem aktuellen Grundsatzurteil klargestellt, dass Leistungen im Rahmen von Sponsoringverträgen regelmäßig nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen. Die Entscheidung ist insbesondere für das Sport-, Kultur und Eventsponsoring von erheblicher Bedeutung.

Nach § 8 Nr. 1 d) und e) GewStG können Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unter bestimmten Voraussetzungen dem Gewinn aus Gewerbetrieb hinzugerechnet werden. Diese – ohnehin rechtspolitisch umstrittene – Vorschrift wurde von der Finanzverwaltung in den vergangenen Jahren stetig und extensiv ausgeweitet: Berater und Unternehmen wunderten sich, welche Vertragsbestandteile plötzlich zu „Miete“, „Pacht“ oder „Leasing“ mutierten. 

So auch im vorliegenden Fall: Die Klägerin, ein Handelsunternehmen, unterstützte als Hauptsponsor auf der Grundlage eines branchentypischen Sponsoringvertrags einen Sportverein mit jährlichen Zahlungen. Sie erhielt hierfür verschiedene Werbeleistungen, ua. Trikot- und Bandenwerbung, Werbepräsenz auf der Spielfläche, Nutzungsrecht am Vereinslogo für Werbezwecke. Das Finanzamt – und ihm folgend das FG Niedersachsen mit Urteil vom 11.11.2021, 10 K 29/20 – rechnete den Sponsoringaufwand der Gewerbesteuer hinzu: Die Aufwendungen für Banden- und Trikotwerbung sowie für die Werbeflächen auf LED-Flächen und Spielfeld seien „Miet- und Pachtzinsen“. Ferner seien die Aufwendungen für die Überlassung des Vereinslogos nach § 8 Nr. 1 f) GewStG als „Überlassung von Rechten“ hinzuzurechnen.

Der BFH ist dieser Sichtweise in seinem Urteil vom 23.3.2023 III R 5/22 überzeugend entgegengetreten. Die Entscheidung war insbesondere in der Sport-, Kultur- und Eventbranche mit Spannung erwartet worden, weil Streitgegenstand ein klassisches und vielfach praktiziertes Sponsoringverhältnis war. Wäre die Ansicht der Finanzverwaltung bestätigt worden, hätte dies für die Branche einschneidende Folgen gehabt.

Der BFH stellte zunächst klar, dass einzelne Miet- und Pachtelemente im Sponsoring für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung nicht ausreichen. Erforderlich ist ein Vertrag, der in seinem wesentlichen Gehalt ein Miet- oder Pachtvertrag ist. Eben dies ist der klassische Sponsoringvertrag aber gerade nicht – er ist regelmäßig ein Vertrag sui generis, der sowohl Dienstleistungen (Werbung) und Veranstaltungen, als auch Rechte- und Nutzungs­überlassungen (z.B. Vereinslogo) enthält. Insbesondere setzt er regelmäßig auch eine Veranstaltungsaktivität voraus. Die Werbefläche auf Trikot, Spielfläche oder Bande ist weitgehend wertlos, wenn das Event nicht stattfindet. Nicht erst in Zeiten der Pandemie haben wir zudem gelernt, dass vielen treuen Sponsoren nicht nur an Werbe­flächen, sondern auch an der finanziellen Förderung der gesponsorten Aktivitäten gelegen ist.

Ferner erteilte der BFH den kreativen Bemühungen der Finanzverwaltung eine Absage, einzelnen Werbeleistungen Miet- und Pachtvereinbarungen „unterzujubeln“: Der Sponsor „mietet“ keine Trikots oder Spielflächen, sondern erhält die Dienstleistung einer Werbepräsenz bei Veranstaltungen. Auch die Werbung auf LED-Banden und -Tafeln stellt keine Vermietung, sondern (digitale) Dienstleistung dar.  Und selbst bei analoger Banden­werbung stellt der Veranstalter nicht einfach eine Fläche zur Verfügung – ohne die Durchführung der (Sport-)Veranstaltung ist die Bandenfläche für den Sponsor weitgehend nutzlos.

Vor diesem Hintergrund brauchte sich der BFH mit einer weiteren Hürde für die Finanzverwaltung nicht mehr zu befassen: Hinzurechenbar sind nach der gesetzlichen Regelung nur Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, was zumindest hinsichtlich Trikots, Aufkleber in Spielfeldzonen und Werbezeiten auf LED-Flächen schlichtweg nicht begründbar ist.

Die Beratungspraxis kann die Entscheidung in einer Vielzahl von offenen Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsverfahren verwenden. Zugleich gibt das Urteil einige wichtige Leitlinien für die Vertragsgestaltung von Sponsoringvereinbarungen.

Dr. Jörg Alvermann
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Sportrecht
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