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Betriebsausgabenkürzung nach § 160 AO: Eine Allzweckwaffe der Finanzverwaltung?
Auf der Grundlage von § 160 AO kann die FinVerw die Anerkennung von Betriebsausgaben/Werbungskosten ablehnen, wenn der Steuerpflichtige, der diese geltend macht, dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Empfänger zu benennen. Zweck der Vorschrift ist, die Besteuerung beim Empfänger der als Betriebsausgaben/Werbungskosten geltend gemachten Zahlungen sicherzustellen.
Nach Auffassung der Finanzrechtsprechung ist das Verlangen der Empfängerbenennung eine Vorbereitungshandlung zur Steuerfestsetzung, so dass letztere im Rechtsbehelfsweg anzufechten ist. Die Ausübung des Verlangens nach Empfängerbenennung ist eine Ermessensentscheidung. Diese steht unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit sowie dem Zweck der Norm. Kann ausgeschlossen werden, dass der Empfänger im Inland steuerpflichtig ist, droht kein Steuerausfall, was ein etwaiges Benennungsverlangen ermessensfehlerhaft macht. Benannt werden muss der wirtschaftliche Empfänger, der als Betriebsausgabe/Werbungskosten geltend gemachten Zahlungen.
Verfahrensrechtlich ist entscheidend, in welchem Stadium der Veranlagung das Finanzamt das Benennungsverlangen ausübt. Ist die Veranlagung bereits erfolgt und der Bescheid formal bestandskräftig (Einspruchsfrist abgelaufen) benötigt die FinVerw für die Abänderung des Steuerbescheids aufgrund von § 160 AO eine Änderungsgrundlage. § 160 AO beinhaltet selbst keine Änderungsgrundlage. In der Praxis zieht die FinVerw häufig § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO heran.
Beispiel: Die A-GmbH macht Betriebsausgaben im erheblichen Umfang aufgrund von Vermittlungsleistungen einer in der Schweiz ansässigen GmbH geltend. Die Veranlagung erfolgt wie erklärt. Der Bescheid ergeht nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In der Betriebsprüfung macht das Finanzamt das Benennungsverlangen nach § 160 AO geltend. Anschließend geht das Finanzamt davon aus, dass die Betriebsausgaben aufgrund von § 160 AO insgesamt zu streichen sind. Als Änderungsgrundlage zieht das Finanzamt § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO heran.
Dieses Vorgehen der FinVerw ist rechtswidrig. Sowohl das Benennungsverlangen des Finanzamts als auch die vom Finanzamt unterstellte Nichterfüllung des Benennungsverlangens stellen keine nachträglich bekanntgewordene Tatsache iSv. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt eine Tatsache voraus, die bis zur Veranlagung gegeben war, nach Bekanntgabe des Steuerbescheids aber erst dem Finanzamt bekannt wird. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf das Benennungsverlangen und/oder seine angebliche Nichterfüllung nicht vor. Das Benennungsverlangen wurde erst nach Bekanntgabe des Steuerbescheids gestellt. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO steht in diesen Fällen als Änderungsgrundlage nicht zur Verfügung (FG Köln v. 1.10.2020 13 K 3220/17, nnv.).
Dies bedeutet nicht, dass ein Benennungsverlangen in diesen Fällen bedeutungslos ist. Stellen sich im Rahmen des Benennungsverlangens bzw. seiner Beantwortung nachträgliche Tatsachen iSv. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO heraus, können diese von der FinVerw zur Änderung der Veranlagung herangezogen werden.
Beispiel: Stellt sich im Rahmens des Benennungsverlangens heraus, dass der Empfänger der Zahlungen keinerlei Leistungen erbracht hat und dies der FinVerw zuvor unbekannt war, kann das Finanzamt diesen Umstand als nachträgliche Tatsache heranziehen, um die Betriebsausgabenqualität als solche in Frage zustellen.
Letzteres ist bei einer GmbH wiederum problematisch. Kapitalgesellschaften haben nach ständiger Finanzrechtsprechung keine Privatsphäre, so dass Vermögensminderungen stets Betriebsausgaben darstellen, es sei denn, das Finanzamt weist nach, dass es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt. Diesbezüglich liegt allerdings die Darlegungs- und Beweislast in der Regel beim Finanzamt.