Zehnt – der Steuerblog

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Werkstattkosten als Entgelt mit Finanzierungsanteil – Willkommen im deutschen Steuerrecht

Die Regelungen über die gewinnerhöhende Hinzurechnung von Betriebsausgaben für die Zwecke der Gewerbesteuer (§ 8 GewStG) darf als ein Musterbeispiel für die Komplexität des deutschen Steuerrechts gelten, das mit dem gesunden Menschenverstand bisweilen schwer zu erfassen ist. Der BFH hat unlängst eine Entscheidung veröffentlicht, die diese Kuriosität schön illustriert (BFH vom 20.10.2022 III R 33/21). Es ging um ein Unternehmen, das Fahrzeuge geleast hatte und – wie allgemein üblich – vertraglich verpflichtet war, die laufenden Reparaturkosten selbst zu tragen. Streitig war, ob auch diese Kosten zu den „Leasingraten“ zählen, die nach § 8 Nr. 1e GewStG dem Gewinn anteilig hinzuzurechnen sind, um darin enthaltene „Finanzierungsanteile“ zu erfassen.

Der BFH bestätigte eine Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen, wonach die Reparaturkosten im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung als Bestandteil der „Leasingraten“ anzusehen seien. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass nach der „gesetzlichen Risikoverteilung“ der Leasinggeber die Kosten der Instandhaltung zu tragen habe. Übernehme hiervon abweichend der Leasingnehmer die laufenden Reparaturkosten, so sei dies gedanklich mit einer entsprechenden Verringerung der Leasingraten gleichzusetzen. Für steuerliche Zwecke seien die Reparaturkosten deshalb als Teil der „Leasingraten“ anzusehen. Die Klägerin berief sich vergeblich darauf, dass laufende Reparaturen beim Leasing typischerweise von dem getragen werden, der den Gegenstand nutzt und dass die Werkstattkosten für sich gesehen sicher keinen Finanzierungsanteil beinhalteten.

Der BFH ließ dies nicht gelten und berief sich auf ein „wirtschaftliches Verständnis“ des Begriffs der Leasingraten. Für die Klägerin dürfte dies wenig verständlich sein, denn schließlich war im Verfahren unstreitig geblieben, dass in der wirtschaftlichen Realität die entsprechenden Kosten stets vom Leasingnehmer getragen werden. Wir lernen: Der „wirtschaftlich“ verstandene Inhalt von Begriffen deckt sich nicht mit dem, was in der wirtschaftlichen Realität stattfindet. Einmal mehr scheitert der gesunde Menschenverstand an den Klippen des deutschen Steuerrechts. 

Dr. Martin Wulf
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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