Zehnt – der Steuerblog

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Streit um die aktive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt)

Das Niedersächsische Finanzgericht hatte mit einer Entscheidung aus dem März für Aufsehen gesorgt und in einem Teilurteil die Auffassung vertreten, Steuerberater:innen seien ab dem 1.1.2023 zwingend zur aktiven Nutzung des beSt verpflichtet, selbst wenn Ihnen durch die BStBK noch kein Registrierungstoken übersandt worden ist. Auf anderem Weg eingereichte Schriftsätze seien in dieser Konstellation nicht fristwahrend (FG Nds. vom 20.3.2021 7 K 183/22).

Wir haben darauf in unserem Newsletter vom 13.4.2023 hingewiesen und uns kritisch zu der Rechtsauffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts geäußert (den Beitrag finden Sie hier unter beSt Practice). Mittlerweile sind Entscheidungen anderer Finanzgerichte veröffentlicht worden, die unsere Kritik teilen:

Das Hessische Finanzgericht kommt in einem AdV-Beschluss zu einem vom Urteil des FG Niedersachsen abweichenden Ergebnis (FG Hess. vom 21.3.2023 10 V 67/23). Die aktive Nutzungspflicht des beSt setze die allgemeine Verfügbarkeit der entsprechenden Infrastruktur voraus und diese bestehe erst mit der Übersendung des entsprechenden Registrierungstokens durch die Bundessteuerberaterkammer. Zwar liege die Identifizierung und Authentifizierung in den Händen der Steuerberater:innen, die Übermittlung des Registrierungstokens liege jedoch allein in der hoheitlichen Sphäre des Betreibers der technischen Infrastruktur. Ohne die Übermittlung des Registrierungstokens stehe den Steuerberater:innen das beSt iSd. § 52d Satz 2 FGO nicht zur Verfügung.

Auch das Finanzgericht Münster hat per Gerichtsbescheid festgestellt, dass eine durch einen Steuerberater am 12.1.2023 eingelegte Klage in zulässiger Weise per Telefax erhoben werden konnte, wenn diesem im Januar noch kein Registrierungstoken durch die Bundessteuerberaterkammer übersandt worden war (FG Münster vom 14.4.2023 7 K 86/23 E). Die Existenz des „sicheren Übermittlungswegs“ sei individuell zu prüfen. Er stehe den Steuerberater:innen erst dann „zur Verfügung“, wenn sie selbst das beSt tatsächlich nutzen können.

Nachdem das Niedersächsische Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung bereits die Revision zugelassen hatte, hat auch das Finanzgericht Münster im Hinblick auf die unterschiedliche Auslegung des § 52d Satz 2 FGO die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Die Rechtsfrage wird mithin voraussichtlich zeitnah durch den BFH entschieden.

Nach dem anfänglichen Schreckmoment durch das Teilurteil des Niedersächsischen Finanzgerichts scheint sich die Rechtsprechung in eine für Steuerberater:innen vorteilhafte Richtung zu wenden. Zurückweisende Entscheidungen der Finanzgerichte sollten angefochten werden. Bei Bedarf stehen wir für eine Unterstützung in solchen Verfahren gerne zur Verfügung.

Florian Hischer
Rechtsanwalt
Associate
Dr. Martin Wulf
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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