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Zehnt – der Steuerblog
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Corona-Soforthilfe: Streit über die Abrechnung - NRW stoppt Rückmeldeverfahren
Die mittlerweile ausgelaufenen sog. Corona-Soforthilfen von Bund und Ländern sollten „schnell und unbürokratisch“ den antragstellenden Unternehmen und Solo-Selbstständigen in der Corona-Krise über einen eingetretenen oder zu erwartenden Liquiditätsengpass hinweghelfen.
Streit zwischen Bund und Ländern über die Abrechnung der Corona-Soforthilfe
Weniger schnell und unbürokratisch stellt sich die Abrechnung der Corona-Soforthilfe zwischen Bund und Ländern dar. Hier besteht Streit zwischen Bund und Ländern. Soweit die Länder Soforthilfe an nicht Antragsberechtigte ausbezahlt haben, soll sich der Bund derzeit querstellen, den Ländern die verauslagte Soforthilfe aus dem 50 Milliarden Euro schweren Rettungsfonds zu erstatten (s. Handelsblatt vom 11.5.2020 „Streit über die Rechnung“, S. 6).
Dies erweist sich insbesondere für die Bundesländer problematisch, die besonders schnell besonders vielen Anträgen auf Soforthilfe ohne nähere Überprüfung der Antragsvoraussetzungen nachgekommen sind. Hier hat sich insbesondere NRW hervorgetan, welches in der Kürze der Zeit ca. € 4,5 Milliarden an Soforthilfen ausbezahlt. NRW hat den Antragsstellern die Soforthilfe in Höhe der Höchstsätze von € 9.000,-- (Vollzeitäquivalent von 5 Beschäftigten) bzw. € 15.000,-- (Vollzeitäquivalent von 10 Beschäftigten) ausbezahlt und auf eine Überprüfung zum Ende des Förderzeitraums gesetzt.
Rückmeldeverfahren zur Corona-Soforthilfe in NRW angehalten
Anfang Juli hatte NRW mit dem Rückmeldeverfahren begonnen und ca. 100.000 der insgesamt ca. 426.000 Soforthilfeempfänger daran erinnert, dass nicht für betriebliche Ausgaben verwendete Soforthilfe zurückzuzahlen ist und in diesem Zusammenhang um Rücksendung einer Berechnung des Liquiditätsengpasses gebeten (s. NRW-Soforthilfe 2020: Fragen und Antworten zum Rückmeldeverfahren)
Nach massiven Protesten aus der Wirtschaft hat NRW das Rückmeldeverfahren vorerst gestoppt. Einige Abrechnungsvorgaben zu Rückzahlungsverpflichtungen hätten sich als problematisch erwiesen, NRW wolle die vom Bund zu der Corona-Soforthilfe gemachten Vorgaben nachverhandeln, teilte NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart am 14.7.2020 in einer Pressemitteilung mit.
Urfehler der Corona-Soforthilfeprogramme von Bund und Ländern
Schon früh zeichnete sich ab, dass es im Zusammenhang mit den im Eiltempo gezimmerten Corona-Soforthilfeprogrammen von Bund und Ländern zu Problemen kommen könnte. Zu den Urfehlern der Corona-Soforthilfeprogramme von Bund und Ländern gehört, dass die Soforthilfeprogramme von Bund und Ländern in einem einheitlichen Antragsverfahren vermischt wurden, obwohl die Antragsvoraussetzungen im Detail nicht immer identisch waren - ein Fehler, sich bei der sog. Überbrückungshilfe nun wiederholt.
Schwerer wiegt indes, dass die Rechtsgrundlagen zu den subventionsrechtlichen Tatsachen der Öffentlichkeit teilweise bis heute vorenthalten werden - wie die zwischen Bund und Ländern am 29.3.2020 abgeschlossene Verwaltungsvereinbarung (s. hierzu Pressemitteilung des BMF vom 29.3.2020) - bzw. erst mit zeitlicher Verzögerung zugänglich gemacht wurden. Die Förderrichtlinie des Landes NRW vom 31.5.2020 wurde beispielsweise erst am 31.5.2020 am letzten Tag der Antragsfrist mit Rückwirkung zum 27.3.2020 erlassen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Insofern stellt sich die Frage, ob der Hinweis auf die strafrechtliche Relevanz falscher subventionserheblicher Angaben im Einzelfall ins Leere greift, wenn die Rechtsgrundlagen im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht klar bzw. nicht veröffentlicht waren.
Die Praxis konnte sich lange Zeit nur über die Hotlines und Internetauftritte der Bundes- und Landesbehörden zu den Corona-Soforthilfen informieren. Die mehr oder weniger überschneidenden FAQ-Kataloge in den Internetauftritten des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums und des CDU-geführten Bundeswirtschaftsministeriums wie auch die der Wirtschaftsministerien der Länder und der zuständigen Bewilligungsstellen dienten nicht der Übersichtlichkeit. Einfacher wäre es gewesen, die Vorgaben des Bundes bundeseinheitlich und im Wortlaut zu veröffentlichen.
Unklare Förderbedingungen zu subventionserheblichen Tatsachen stehen der Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug entgegen
Die von NRW angestoßenen Nachverhandlungen zu den Vorgaben des Bundes zur Corona-Soforthilfe wie auch deren unterschiedliche Auslegung durch die Bundesländer zeigen, dass die Vorgaben des Bundes alles andere als klar und eindeutig waren. So erklärt es sich auch, dass beispielsweise das für die Berechnung der Soforthilfe nicht unerhebliche Kriterium des Vollzeitäquivalents zwischen Flensburg (Schleswig-Holstein VZÄ = 39 Stunden) und Füssen (Bayern, VZÄ = mehr als 30 Stunden) unterschiedlich ausgelegt wurde.
Angesichts des zwischen Bund und Ländern noch immer schwelenden Streits über die Vorgaben zur Corona Soforthilfe besteht Unbehagen, dass ungeachtet dessen die Steuerfahndung in NRW bei der Überprüfung der rechtmäßigen Inanspruchnahme der Soforthilfe sowie der Aufklärung und Verfolgung des Subventionsbetrugs bereits mitwirkt (s. Bericht des nordrhein-westfälischen Finanzministers vom 15.6.2020 gegenüber dem Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalens zum Thema „Steuerfahndung und Soforthilfe NRW“, Landtag NRW Drs. 17/3519)
Bund und Länder sind gut beraten, (nachträglich) Einigkeit über die Kriterien für die Gewährung und Rückzahlung gewährter Soforthilfe zu erzielen. Dabei gilt es auch, der Kriminalisierung von Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmen im Zusammenhang mit der Corona-Soforthilfe vorzubeugen.
Die begrüßenswerte Initiative aus NRW zur Nachverhandlung der Vorgaben des Bundes zu der Corona-Soforthilfe sollte auch dazu ermutigen, das Verfahren zur sog. Überbrückungshilfe einer Kontrolle zu unterziehen und die Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege in das Antragsverfahren mit einzubeziehen (siehe hierzu die Eingaben der Bundesrechtsanwaltskammer vom 10.7.2020 und des Deutschen Anwaltvereins vom 6.7.2020).